kälteverlust


ein anhaltendes selbstgespräch

sonntag morgens acht uhr und die bange frage: was soll ein sonntag schon um acht uhr?

 
dass man beim täglichen rasieren mehr falten im gesicht entdecken muss... und es sind immer noch zu wenige.

 
im Grossen Tiergarten heute mit A. verabredet gewesen. zum vereinbarten zeitpunkt jedoch keine spur von ihr, stattdessen starrt mich eine frau an, die so aussieht, als wäre sie A. in 20 jahren.

 
angenehme taubheit gegenüber potentiellen realitäten im radio. was geschieht eigentlich, wenn im äther mal nichts passiert?

 
das eis schmilzt weltweit, weil die winter wärmer werden. gleichwohl steigen die heizkosten mit den mieten jedes jahr.

 
erneut hat es ein erkundungsroboter zum Mars geschafft und liefert jetzt in echtzeit gestochen scharfe bilder zur erde. eine erste bemannte mission soll es in 20 oder 30 jahren geben. für die suche nach einem neuen heimatplaneten werden keine mühen und kosten gescheut.

 
andere zusammenhänge und formen für lebenslinien finden. also nachträgliche. ich habe wieder ordnung in meine lebens-beichten gebracht, d.h. manche notizen vor- bzw. rückdatiert.

 
was kann ich wissen? was muss ich hoffen? und was habe ich zu tun?
es gibt fragen, die können nur eine aufgeblasene rhetorik sein.

 
ich warte noch auf mein grosses debüt. es verfolgt mich seit jahren und involviert mich täglich.
was werde ich der nachwelt schuldig bleiben?

 
ein blumenladen an der hauptstrasse mit tulpen, maiglöckchen, narzissen, forsythien und flieder. aber man riecht rein nichts.

 
kann sein, was sein kann, aber nicht sein muss?
im nebligen april versprechen werbeplakate alles in nassen farben.

 
für manchen drögen tag braucht man einen heissluftballon, mit dem man einem solchen tag entfliehen kann.

 
egal ob es sich um überschwemmungen, selbstmord-attentate, erdbeben oder massen-karambolagen auf autobahnen handelt, katastrophenberichte werden immer brillanter präsentiert, d.h. stetig schöner.

 
am himmelfahrtstag muss konkordant zum lobe des Herrn draussen gesoffen werden. auch wenn es stürmt und regnet.

 
wer mir unbekannterweise jetzt zuwinkt, dem winke ich zurück.
mein entgegenkommen aus unsicherheit.

 
man trifft immer weniger schöne menschen im alltäglichen leben, weil sich im fernsehen und in der hochglanzwerbung immer mehr schöne menschen tummeln.

 
stets diese befremdliche selbstähnlichkeit im pass- sowie spiegelbild. wenn es mich nicht gäbe, müsste ich mich wohl nicht andauernd erfinden.

 
einmal in der woche brauche ich als stadtmensch die natur. oder wenigstens im kalten frühling das naturkundemuseum.

 
laute vogelrufe im stadtpark ähneln oft denen von frauen, die allein und für sich vogelstimmen nachahmen.

 
kopfverstopfung: was für ein wort, was für ein zustand. nach nichts kommt meist überhaupt nichts mehr. und irgendwann die steigerungsform von einem gar nichts.

 
wie ich im laufe der jahre immer mehr matrazen verbrauche, stühle ruiniere, festplatten festfahre, menschen enttäusche, utopien potenziere... als eine halbwertzeit ohne ende.

 
zäher und jäher. es zeigt sich, dass vieles zäher oder jäher ist als je zuvor. wer viele jahre frei von lob und anerkennung gelebt hat, sollte eigentlich auch ein paar überzeugende ergebnisse vorzuweisen haben.

 
was bleibt? was wird die flut der informationen und bilder überdauern? seit meiner kindheit sind es die melodien von banalen pop-songs, die jahrzente markieren.

 
an diesem böigen frühjahrstag eine zerissenheit mit allzu viel deutlichkeit. die sonne wirft einen schatten auf den anderen.
wie viele wolken erträgt ein himmel, bis er platzt?

 
die erste zigarette, das erste gedicht und der erste peinliche koitus. ich bin sicher, es gibt sie nicht noch einmal.

 
kein hund, ein aquarium mit leuchtenden fischen wäre eine gesellige möglichkeit. oder ein schlicht grün-gelber wellen-sittich. ein wesen, das sich freut, wenn man mit ihm auf die
welt pfeift.

 
manche blumen brauchen in diesem frühling wie manche menschen ein sonnenstudio mit rabatt-garantie.

 
die neuen sonderbriefmarken der post darf man jetzt do-it-yourself am heimcomputer gestalten und sogar mit dem eigenen konterfei herausgeben, aufkleben, verschicken etc.

 
oft wird das denken von einem hochmut bestimmt. entweder gegen das, was man erkannt hat, oder gegen das, was man einmal erkennen wird.

 
das anhaltende wuchern der sterne im grösser werdenden weltenraum. und gleichfalls das wuchern der stars in sich permanent multiplizierenden medien-angeboten.

 
an den fingernägeln nur knappern, wenn es nichts anderes zu knappern gibt.
ich vermute, das beste mittel, nicht mehr allein zu sein, ist, nicht mehr so allein zu sein.

 
wie soll man visionen entwickeln in einer welt, in der sich moral auf banal oder gar anal reimt?
es wird schwierig, sich festzulegen, mithin das animalische an bedeutung gewinnt.

 
die vorstellung vom schlaraffenland lässt sich am besten in horizontaler lage aufrechterhalten. also vor dem aufstehen.

 
bereits am frühen nachmittag das offenbare bedürfnis nach einer Philosophie im Boudoir.

 
pläne für die zukunft schmieden und derartige pläne zugleich belächeln.
meine andauernd ironische falte im gesicht.

 
die ausgelosten lottozahlen ergeben nicht mehr das, was sie sein sollen. schon wieder liegt der jackpot bei zehn millionen euro.

 
jene quantensprünge in immer ein- und dasselbe universum.
das ist bodenständigkeit.

 
wegen der unbequemen sicherheitskontrollen an flughäfen nach dem anschlag auf die Twin-towers in New York steigen vermehrt amerikaner auf das auto um. was jedoch zur folge hat, dass viel mehr menschen tödlich im strassenverkehr verunglücken.

 
kein zählzwang mehr an langweilenden tagen. immerdar das ganze im blick behalten.
das ganze ist so unerreichbar weit und intakt.

 
ein glühender himmel am abendhorizont als explodierender hochofen, und kein aufschrei nirgendwo von niemandem.