nullsummenspiele


logbuch eines kunstschaffenden

unfrei wie der ast, auf dem ein vogel sitzt und sitzt und nur immer sitzt.
 

es ist schwierig, es ist sehr schwierig. seit wochen nichts angefangen und nichts vollendet. meine arbeitswut läuft ins leere.
 

gestern D. getroffen, der es inzwischen zu einigen beachteten ausstellungen gebracht hat. es bleibt mir nichts anderes übrig, als ihn zu loben.
 

wann ist man ein künstler? vielleicht dann, wenn es schwer fällt, einer zu sein. angeborene talente sind ein immenses hindernis für die kunst. sie werden zu schnell mit erfolg belohnt.
 

es gibt nichts anmassenderes als in zeiten des anything goes originell zu sein. es sei denn, man ist es wirklich und keiner bemerkt es.
 

o-ton von Gerhard Richter in einem film über Gerhard Richter: was ich über meine bilder sagen kann, klingt allzu pathetisch. deshalb halte ich mich mit erklärungen zurück und male lieber weiter.
 

eine seit tagen gross angekündigte und endlich vor ort life zu bestaunende sonnenfinsternis stellt sich als eine ernüchternde harmlosigkeit heraus. die enttäuschung ist ohne medienglanz eine enttäuschend wirkliche erfahrung.
 

ausserhalb meiner phantasie ist alles ganz anders. ein anderes licht, ein anderes wetter, ein permanentes kopfschütteln, ein abgründiges grunzen, eine anhäufung von zumutungen, ein...
 

je mehr es für die tägliche orientierung der illusion bedarf, desto scheinbarer erscheint scheinbares. imaginäre zwänge sind der phantasie eine verzehrende enge.
 

zwei schritte vor und zwei schritte zurück. zwei zur linken seite und zwei zur rechten.
läuft man schnell, hat man immer gegenwind. auch wenn man bei windstille sich im kreis dreht.
 

alltagsspuren: kopfweh, halsschmerzen und immerwährende luftdruckschwankungen. ich bin heute ein seiltänzer, der auf einem imaginären donnerbalken wandelt.
 

in meiner buchführung kommen grosse gedanken zu kurz, während die ausführlichen die unvollständigen bleiben, ein unklares bedürfnis nach wissen verkörpern.
 

"zwischen der vorstellung von lust und der tatsächlichen lust unterscheiden: sich auf zwei verschiedene weisen auf sich selbst beziehen: seine lust vermehren."
Franz-Josef Czernin
 

als ein zensor die vagen stellen übermalen, auf ein sagbares abklopfen, den missklang streichen und sorgfältig den abfall sondieren. perfektion ist eine waffe. sie schafft eine distanz zwischen sich und allen anderem.
 

was man sich mit der kunst vorstellen kann, ist nichts im vergleich zu dem, was man sich ohne kunst nicht vorstellen will. die grenzen der eigenen phantasie sind eine indisposition.
 

eine woche aus zu wenigen worten, die in sätzen alert variiert wiederholungen bleiben.
fällt mir nichts ein, habe ich mich oft zu arg angestrengt.
 

"oft vergisst der träumer seinen traum. die ideen des stückes mensch waren nicht geeignet für den geist des menschen."
Henri Michaux
 

wie viele streicheleinheiten verträgt ein alter meister, bis seine gemälde fadenscheinig werden?
es gibt keinen haltbaren fortschritt für die kunst. die zeit nutzt alles ab, sogar die genialen arbeiten.
 

stetig mehr nachbilder im auge und ein schluckauf im ohr. damit man schwarz werden kann in der müdigkeit.
 

die allmacht des künstlers: er kann sich augenblicklich alles imaginieren und braucht dafür keinen psychotherapeuten.