nullsummenspiele


logbuch eines kunstschaffenden

ich bin ein spätentwickler. ich stehe um elf auf und kann erst ab 14 uhr richtig arbeiten.
 

ausbleibende wohlgefühle und herzschmerzen, aber das EKG und die blutwerte sind (wie mir ein junger arzt in der Charité versichert) noch im grünen bereich. werden meine grossen pläne nicht an einer überforderung, sondern ganz profan an einer unlust scheitern?
 

fit for fun: die gesundheitsapostel empfehlen zur stärkung der abwehrkräfte morgens etwas vom eigenen urin zu trinken. ich bevorzuge weiterhin ein bier vor dem einschlafen und ab und zu einen klaren. wegen dem zugesicherten reinheitsgebot.
 

wie viele streicheleinheiten verträgt ein alter meister, bis seine gemälde fadenscheinig werden?
es gibt keinen haltbaren glanz für die kunst. die zeit nutzt alles ab, sogar die genialen arbeiten.
 

die unhaltbare teilhabe: eine division durch null.
an wie vielen tagen in einem jahr mir überhaupt nichts einfällt, bloss damit mir dann zwischendurch ganz viel einfallen muss. als ausgleich für meine faulheit.
 

ich kann die vor- und nachteile einer neuen arbeit abwägen, risiken abschätzen und werde dennoch enttäuscht. vielleicht steckt in jedem anfang nur ein zauber, weil noch nichts fertig geworden ist.
 

was man in der eigenen kunst treibt, ist und bleibt flickwerk. denke wer sich etwas gross, dann denkt er es auch klein. gross oder klein - es macht für die imagination keinen grossen oder kleinen unterschied.
 

überall graffitis auf graffitis, die bald von weiteren übermalt werden. so lange jedenfalls bis der sauberkeitswahn für eine kurze zeit einen reinen weissen malgrund für neue rebellionen schafft.
 

ein bisschen mehr intimleben, ein paar private ansichten für die nachwelt preisgeben. was in einer seele nicht alles versteckt lauert. ein katalog voller delikte für die polizeischule.
 

"ich denke, dass kunst wie ein orgasmus ist, aber wenn sie nur schlechter, langweiliger sex ist, dann werde ich es nicht tun."
Elke Krystufek
 

man muss originär sein - also die einflüsse verwischen und zu deutliche zitate paraphrasieren. der kreative mensch wächst mit jedem vorbild, das ihm erspart bleibt.
 

biene erhalte dir deinen stachel. eine stichelei muss teuer bezahlt werden. sich selbst zu beherrschen ist eine clevere lebensstrategie, um detaillierter protestieren zu können.
 

immer dieselben namen. im grossen kochbuch der globalen kunst werden nur die bekannten, d.h. bekömmlichen menüs geführt.
 

der nachteil von grosser kunst ist es, dass sich inzwischen jeder mit ihr identifizieren oder schmücken kann. sogar in gecancelten ausstellungen.
 

lebenserfahrungen sind interpretationen und interpretationen werden lebenserfahrungen.
man muss einiges erkennen, um zu erkennen, wie wenig man erkennt. auch wenn man noch nicht so alt ist, dass man mit seinem alter kokettieren kann.
 

es gibt tage, an denen ich nichts notiert habe. in der rückschau werden derartige tage wohl zu einem beleg dafür, dass etwas unerfassbares passiert sein muss.
 

haarausfall. aber es sind nur die grauen haare, die sich von mir trennen. es bleibt mir weiterhin verwehrt, das haupt ostentativ in weissheit zu wiegen.
 

der mensch hat millionen jahre gebraucht, um anständig aufrecht gehen zu können. und es wird wohl wieder millionen jahre dauern, bis ihm erneut etwas wirklich grossartiges gelingt.
 

soll ich, oder soll ich noch nicht frühstücken. zwei freiheits-grade können einen menschen schon am morgen überfordern. wie sieht es aber aus, wenn sich zu fällende entscheidungen fünfdimensional verzweigen.
 

der dollar kriselt, der euro ist so stark wie noch nie und eine bundeskanzlerin behauptet dreist, dass der aufschwung unten angekommen sei. viele leute können sich wohl deshalb nun einen luxuriösen Van leisten, um zwischen mehreren jobs zu pendeln.
 

schaffe ich es einmal, etwas vermögend zu sein, montiere ich mir eine auto-batterie und mindestens drei scheinwerfer an mein fahrrad. ich blende dann zurück, wenn angeber am tag bereits all ihre halogenleuchten einschalten.
 

"es gibt nichts, das man nicht herumdrehen und nacheinander unter jedem möglichen blickpunkt betrachten muss, auch wenn man bei jedem mal, da man den blickpunkt wechselt, des verrats bezichtigt wird."
Henry de Montherlant
 

die deutsche telecom darf nicht mehr ihre rechnungen mit anglismen aufpoppen. wer nachts telefoniert, wird nun mit einem mondscheintarif zur kasse gebeten. so schön kann die deutsche sprache sein.
 

zu viel grau statt blau.
am wetter erkennt man seinen himmel.
 

monochrome undeutlichkeit an tunneltagen. die haut altert, die sehschärfe lässt nach und es stellt sich die frage, wie es denn weitergeht? ob es denn im alter überhaupt noch weitergeht?
 

doch keine kunst ist auch keine lösung. es verbleibt ein heller fleck an der wand (im format des einst aufgehängten bildes).
 

lieber das mögliche unmöglich finden, als ein unmögliches im eigenen leben suchen müssen.
lieber gebieten im dies als im paradies.
 

dato, dito, toto. die welt ist poetisch artikulierbar, weil sie mathematisch erklärt werden kann.
 

durch vieles lesen und bilder-schauen schwerer geworden. aber noch lange kein richtiges schwergewicht.
 

mehr als eine sprache unvergleichbar sprechen zu können, ist ein überflüssiger luxus, ein unnötiges anhängsel wie ein drittes bein oder ein elfter finger.
 

von allem gibt es zu viel. ein zuviel an galerien, museen, kunst-messen und auch ein zuviel an kriterien für die beurteilung von kunst.
 

bei unserem zufälligen wiedersehen (nach ich weiss nicht wie langer zeit) habe ich sie zuerst nicht erkannt. mit über vierzig jahren sieht Martina noch so aus, als wäre sie mitte zwanzig. sie scheint ihr leben in homöopathischen zügen genossen zu haben. als eine heilpraktikerin par excellence.