nullsummenspiele


logbuch eines kunstschaffenden

eine wolke trifft auf eine wolke und wird von ihr geschluckt.
eine andere weicht ihr aus, als ich über die lernfähigkeit der wolken nachdenke.
 

momentan keine idee, keinen gemein verständlichen einfall, keinen regelwidrigen ausfall. bei wem werde ich mich dafür entschuldigen müssen?
 

ohne zeitnot keine ideen, keine ambitionen. was für eine genugtuung, wenn einem nach tagelangem grübeln nichts einfallen muss.
 

in dieser woche wie den ganzen letzten monat wieder mehr romane gelesen als tage gelebt.
 

welchen stellenwert haben die Duchampschen leerzeiten, die unproduktiven phasen in einer vita? und lohnt es sich darüber nachzudenken?
 

"alle bestehenden dinge sind nur dazu da, damit wir lernen, ohne sie auszukommen (fertig zu werden)."
Max Beckmann
 

ein stetes veni-vidi-cucurri in einem rotierenden überangebot an kunstausstellungen. muss man dem von imaginationen verstopftem zeitgeist andauernd weitere hinzufügen?
 

nur noch ein publikum akzeptieren, das meine arbeiten nicht akzeptiert. so entgeht man evtl. dem lob von langweilenden ignoranten.
 

eine spätherbstliche stubenfliege zieht seit stunden ihre zick-zack-bahnen um meine deckenlampe. ihre beharrlichkeit ist so penetrant wie beeindruckend. welchen geometrischen beweis will sie antreten?
 

zu vieles hat eine notwendigkeit. sogar die notwendigkeit an sich. sie hat zu zeigen, dass es auch bei der avantgarde keine beliebigkeit gibt.
 

stets den nötigen ausgleich schaffen. heute scheintotes fleisch bei Aldi, morgen scheinlebendige pflanzen im biomarkt kaufen.
 

meine nullsummenspiele: ein tag wird von einem abgezogen, dazu erneut einer addiert und wieder abgezogen.
könnte man sich doch einmal vorstellen, wie das, was immer so ist, sein würde, wenn es nicht das ist, was es immer ist...
 

lex parsimoniae: trotz steigender energiekosten nicht zu lang stromsparen, nicht zu viel im dunkeln dümpeln und dabei nicht geizen mit dem geiz. eine momentane befriedigung durch eine schnelle heimliche selbstbefriedigung.
 

meine missachteten grafik-serien und mein von ignoranten galeristen und kuratoren weiterhin unterschätztes publikum.
wenn man zu eigenwillig ist, um karriere zu machen, ja was dann?
 

was ist das gegenteil von berühmt? verkannt, vergessen oder unpopulär? ein lexikon der antonyme aus dem jahre 1984 fällt ein hartes urteil: unbekannt, unbedeutend, mittelmässig.
 

vernissagen sind geburtstagsfeten oder beerdigungen. wegen all der vielen bekannten und verwandten, die einem beharrlich etwas gutes sagen wollen. mit solchen festivitäten wird ein ego älter, gleichgültiger und austauschbar.
 

ein permanentes nachbessern: was ich momentan erkenne (und bekenne), das hätte ich bereits vor zig jahren erkennen müssen.
mitunter das bedürfnis alles zu löschen.
 

es gibt keine überzeugende berechtigung für die kunst, wenn man sich für zu vieles begeistern kann. doch solange kunst noch wie kunst aussieht, wird es wohl immer welche geben.
 

ohne paraphrasen auskommen, ohne vorworte wie nachworte, und ohne pathos sowieso. denn irgendwann kann bloss noch verhindert werden, was verhindert werden muss.
der freie künstler entwickelt sich mit ansprüchen, die er sich mit erfolg wieder abgewöhnt.
 

mehr nachbildern im auge und einem schluckauf im ohr, auf dass man schwarz werden kann in der müdigkeit.
 

wenn man einmal etwas dummes denkt und sich dessen auch bewusst ist, dass es etwas wirklich dummes sein muss... ja ist man dann weniger dumm?
 

mit dreihunderttausend kilometern in der sekunde trifft jeder lichtstrahl mein auge.
soschnellsogut.