nullsummenspiele


logbuch eines kunstschaffenden

was soll ich auf Mallorca? was in Tunesien oder Sri Lanka? belagern in diesem sommer wieder zu viele touristen meine arbeits- und lebestadt Berlin, bleibt der ungraziöse Wedding meine diaspora.
 

die ab und zu aufkommende sehnsucht nach einer richtigen einsamkeit, um mal wieder der einzige zu sein, ein bisschen einzigartig.
 

fast keine kunst ohne text mehr. was gelingt, muss genauso wie das, was misslingt, ausführlich kommentiert werden. so werden theoretische statements zum eigentlichen anliegen.
 

wenn einmal bewiesen ist, dass runde dreiecke nicht der logik widersprechen (vielleicht in einem extrem hyperbolischen raum), dann wird es bestimmt noch schwieriger, die eigene verrücktheit zu behaupten.
 

zu viel gewogenes und zu viel für zu leicht befundenes.
wie wenig man sich kennt, wenn man alte arbeiten wieder- findet.
 

je authentischer die langeweile, desto unverständlicher das erleben einer langen weile.
oder umgekehrt bzw. überhaupt nicht.
 

nur abgebrochene gespräche. immer dieselben sätze, immer derselbe abgebrochene rest.
man hat einen berechtigten grund, es anderen übel zu nehmen, wenn man nichts zu sagen hat.
 

soll man bigtalken über den smalltalk oder einfach nur mit den wölfen heulen?
nichts zu sagen haben (z.b. auf einer vernissage) ist genauso verdächtig, wie nichts gesagt zu haben (z.b. auf einer anderen vernissage).
 

biene erhalte dir deinen stachel. eine stichelei muss teuer bezahlt werden. sich selbst zu beherrschen ist eine clevere lebensstrategie, um detaillierter protestieren zu können.
 

wollen, wenn man nicht muss, ist unnötig.
wie absichtslos man sein könnte.
 

das bedürfnis, nicht reden zu müssen.
alles auflösen durch blicke auf den himmel, die zimmerdecke oder auf ein gar nichts im kühlschrank.
 

sich zweit- oder drittmenschen halten und sie freunde nennen.
alles klar? alles klar.
 

"es gibt leute mit der veranlagung, immer noch etwas dazu- zutun. sie verstärken ihre empfindung, als hätten sie den eindruck, diese wäre noch nicht peinlich, noch nicht zerdehnt genug. sie können sie nicht bei ihrer natürlichen intensität belassen. sie sind schallverstärker. sie gehen zum äussersten."
Paul Valéry
 

jene häufung von déjà-vu-erlebnissen bei meinen aktuellen ausstellungsbesuchen.
da mir aber das, was als neue kunst gezeigt wird, ziemlich gleichgültig ist, kann ich mich noch für einiges andere begeistern.
 

wenn mich eine stimme anspricht und sie führt zu keinem mund, keinem telefon, keinem laut- und leisesprecher...
meine ungezügelte phantasie ist mein phantasma. man ist
nicht ungestraft grössenwahnsinnig.
 

vertiefen und vertiefen. alles kann vertieft werden. als die hardliner in der generativen musik ihre kompositionen so komplex gestalteten, dass strukturelle raffinessen sich der menschlichen wahrnehmung vermehrt entzogen, begannen sie sich wieder für den profanen zufall zu interessieren. aber nur, um nun die beliebigkeit als ordnung zu definieren.
 

meine pläne werden deutlicher und ungenauer. deutlicher in ihrer ungenauigkeit.
 

es gibt empfingungen, die man für sich behalten sollte, die man verschlüsselt, mit umschreibungen weitergeben oder als flaschenpost unangekündigt hinterlegt. ein kunstwerk ist heute der sicherste ort für geheimnisse.
 

was man momentan in galerien oder gruppen-ausstellungen als die neuesten trends und highlights zu sehen bekommt, hätte man bereits vor zehn jahren zeigen können. wenn auch nicht so perfekt und abgeschlossen wie jetzt.
 

der stets verblüffende umkehreffekt bei falschen riesen. je näher sie einem kommen, desto kleiner werden sie. wie in der talkshow jetzt um 22.30 uhr.
 

progression der zeitgenössischen ästhetik: ohne visionen, utopien und ohne die glut eines geselligen lagerfeuers auskommen (können) müssen.
 

manche artistische flora ist eine versalzene suppe. alle bilder, die man sich vorstellt, malen zu müssen, stellt man sich vor, um lieber andere zu malen.
 

entweder über- oder unterlegenheit.
nach einem arbeitsscheuen tag nichts mehr erwarten. keinen ausweg, keine ablenkung.
 

trivialerkenntnis: weil man sich ähnelt, ist man immer schon das, was man auch ohne spiegel ist.