110 romane


anfänge und abbrüche

warum immer wieder aufstehen, warum erneut jeden morgen auferstehen?
diese wahnvorstellung, man könne stetig neu anfangen, ganz von vorne beginnen. andauernd diese lüge

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braune strümpfe sind in einem ungeheizten zimmer wärmer
als hohe. triviales sagen und aufschreiben, um essentiell schutzbedürftige bekenntnisse zu verstecken

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gegen den lauten Pop der nachbarschaft ist entsagen besser als versagen. an manchen tagen denke ich nur ein komma. es könnte irgendwann wichtig sein

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sportliche wettkämpfe werden surrealer. die folgende winter-olympiade wird im subtropischen Sotschi und die fussball-WM 2022 im wüstenstaat Katar ausgetragen. vielleicht gibt es mal ein menschliches streben, das ohne exorbitante zuspitzungen auskommt. ein streben, das sich mit katastrophalen anfängen zufrieden gibt

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die meisten experimentell tastenden sprachspiele sind ein ephemeres vorspiel für nachhaltige einübungen in künftige reglementierungen.
mit wieviel unterschlagenem übermut wird man in der kunst heute prominent unsterblich?

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meine ein- und ausfälle beim urinieren und defäkieren. wer ein fulminantes vorstellungsvermögen auslebt, leidet früher oder später an einer durchfallenden inkontinenz

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authentisch dahingeschrieben wirkt ein text tief. vielleicht weil er etwas nicht darstellbares anspricht, unartikulierbares oder unvorstellbar banales zum erscheinen bringt. solange man nicht für ihre folgen haften kann, sollte man tiefen texten misstrauen

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ein erratischer satz fordert den nächsten heraus, eine diffuse idee gebiert die übernächste und jäh immer so weiter bis zur schädelstätte des absoluten geistes.
der grosse lauf von konkreten pointen zu allgemeinen höhen-flügen und zumeist ohne beifall und resonanz

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wer in einem literarischen grössen-wahn ein gestammel verstehen will, muss jenes auch einmal gestammelt haben.
manchmal schreibe ich lieber nichts, da ich für nichts garantieren kann

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das unvermeidbare vergessen, das mit dem beschreiben des alltäglichen umfeldes beginnt. was nicht sofort notiert wird, geht unweigerlich verloren. und was schon notiert wurde, ist bald verloren gegangen

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unscharfer tag. die lesebrille ist nicht auffindbar.
würde es ohne anfang gehen, könnte ich einfach so drauflos fabulieren, geradezu eine lebensbeichte verfassen und hoffen, dass sie auch ohne pointe von irgendwem eine absolution bekommt

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diese übermacht von plänen, skizzen, vorsätzen... diese diktatur.
die steigerung von allem ist auszuhalten. man muss solange seine meinungen aufblasen, bis sie platzen