petting des ich


(ein investigativer rückblick)

als Kind wollte er, um Aussergewöhnliches für die Menschheit zu ersinnen, ein Erfinder werden. in seiner Generation sehr auf Fortschritt getrimmt, sehnte er sich nach einer besseren Zukunft und stellte sich vor, eine Zeitmaschine bauen zu können. mit einem an seinen Spulen frisiertem Motor, der einen Drehstuhl zum Überrotieren bringt, glaubte er, seiner Gegenwart entschwinden zu können. leider war kein passendes Antriebsaggregat zu finden und nur ein alter Bürostuhl greifbar, der sich bereits mit der Hand schwer bewegen liess und dabei knarrte.
seine besondere Gabe ist das Phantasieren und weniger das handwerklich Präzise, deshalb wurde er ein bildender Künstler. in jener Profession ist es ihm in reiferen Jahren mit der einschlägigen Fachliteratur gelungen, dem Phänomen Hyperraum auf die Schliche zu kommen. in zahlreichen Grafiken und Animationen hat er seine komplexen Relationen für die Imagination veranschaulicht. einen Raum mit mehr als drei Dimensionen kann niemand wahrnehmen, einzig sich vorstellen oder mit Analogien als ein mathematisches Konstrukt begreifen, insofern muss wie bei der spekulierten Zeitreise im Phantastischen verblieben werden. und dies ist gut so. wem es tatsächlich gelingen würde, über Wurmlöcher in die Zukunft zu reisen, hätte sicherlich Schreckliches zu erleben. als Mitverursacher von folgenschweren Katastrophen bekäme er für die Eigensüchtigkeit unserer Zeit keinen freundlichen Empfang. vermutlich gibt es im Fortschreiten der Zivilisation auch irgendwann kein Künftiges mehr, nur noch eine leere Ortlosigkeit, in der ein Zeitreisender erst recht bestraft wird. ein Abstecher in die Vergangenheit macht eher Sinn, wo technologische und politische Verfehlungen durch Korrekturen abzuwenden wären. so wie man das, was man heute schreibt, bereits vor zig Jahren hätte schreiben müssen, als eine Warnung.
in seiner Schule nannte man das zu Erwartende auf Wandbemalungen Kommunismus. dahinter lagen auf einer leicht absteigenden Linie der Sozialismus, Kapitalismus und Feudalismus. den gegenwärtigen Zustand sollten Schüler wie er mit der Faktizität des Idealen toppen, das hiess vorbildlich lernen, um später mit Tatendrang in einer volkseigenen Produktion zu arbeiten. der Sozialismus buhlte für seine planmässige Entwicklung um die junge Generation. dass jene Bestimmung ein hohles Versprechen war, ahnte fast jeder. nur bedeutete es nicht, dass der Glaube an eine gerechte Sozietät obsolet wurde. man ersehnte eine gerechte, eine sozial emanzipierte Gesellschaft sehr. erst nach dem Ende des real existierenden Sozialismus und der Wiedervereinigung wurde es vertrackter, daran festzuhalten. die Vorstellung einer besseren Zukunft bleibt dem Menschen solange eine Hoffnung, wie er sie immanent für sich behalten kann. dreht sich das Rad der Geschichte mit technologischen Erfindungen immer schneller, sinkt die Halbwertzeit von Utopien. sie werden verbrauchte Heilserwartungen und zur Ausflucht für all diejenigen, die nur noch auf künftige Gewinnmargen spekulieren.