petting des ich


(ein investigativer rückblick)

hat man eine Familie, muss man täglich viel einkaufen, um einiges davon wieder in den Müllcontainer zu werfen. manches wird auch bloss für die Fliegen und Mehlwürmer angeschafft. wobei letztere nicht mehr das sind, was sie ihrem Namen nach zu sein haben. nachdem er im vergangenen Sommer ihre Leibspeise, also die Mehlvorräte entsorgt hatte, mehrten sie sich munter weiter. erst als noch der Traubenzucker, Reste vom Pudding- sowie Backpulver und zerbröselte Gewürznelken entfernt wurden, war Schluss mit dem parasitären Schlemmen und die Küche aufgeräumt leerer. er kommt als umtriebiger Mensch selten zu einem grossen Reinemachen, muss es aber gelegentlich wuchten, um wieder Platz für Neueinkäufe zu schaffen. mit einem fleissigen Konsumieren und folgendem Entsorgen steigert er das globale Bruttosozialprodukt. mit seiner Kunstproduktion gelingt ihm das nicht.
Schwarzarbeiter, Tabakschmuggler, Drogendealer und Waffenhändler stärken seit einem Jahr auch die Wirtschaftsleistung. das Statistische Bundesamt hofft, sich mit ihnen ein Plus von bis zu zwei Prozent Wachstum zu ergattern. eine Schattenwirtschaft ist zwar nicht wirklich berechenbar, lässt es allerdings zu, mit Phantasiezahlen zu kalkulieren. so geht das Vertrauen von Investoren nicht verloren und die Arbeitslosenquote bleibt statistikbereinigt akzeptabel. selbst wenn darüber die Welt im Chaos versinkt, der Wohlstand darf nicht in Frage gestellt werden. es wird für die Gesellschaft der masslose Konsum präferiert und weniger die Nachhaltigkeit. um das ökonomische Niveau zu halten, fabriziert die Weltbevölkerung jeden Tag 3,5 Millionen Tonnen Müll und das wie beim virtuellen Abfall mit steigender Tendenz. wenn viel weggeworfen wird, kann weiteres produziert und verkauft werden.
im Königreich Bhutan auf den Bergen des Himalajas strebt man anderes an. hier misst eine Regierung kein statistisches Brutto-Nationaleinkommen, sondern ein, man höre und staune, Bruttonationalglück. um die Untertanen zufriedener zu machen, werden jährlich der Lebensstandard, die kulturelle Mannigfaltigkeit ermittelt und das Wissen um Mythen erfragt. ein solcher Anspruch könnte beispielgebend sein, löst aber eher Unbehagen aus. die Vorstellung, dass Glück zum Mass aller Dinge und damit zu einem Muss wird, ist unheimlich. denn wer möchte es andauernd erleben und sich darin unaufhörlich steigern. die Werbung will ebenso, dass jeder glaubt, er würde stets happy sein Dasein frönen, und zeigt rund um die Uhr, wie es auszusehen hat. die Vorgaben sind derart überzogen, dass sie nicht länger als zehn Minuten ertragen werden. der abgeklärte Mensch weiss, das Glück ist ein relatives Gefühl und in der Permanenz eine unheimliche Beduselung. für eine gewisse Zeit kann es vor einem ereignisreichen Hintergrund erhebend sein, bleibt der Kontrast aus, wird das Leben stumpfsinnig.