petting des ich


(ein investigativer rückblick)

ist der Kühlschrank leer, muss auswärts gegessen werden. aber wo? es gibt unzählige Lokalitäten in seinem Kiez und somit die Qual der Wahl. kostet es in guten Restaurants viel Geld, ist es überteuert und unsympathisch. dröge Geschäftsleute oder schlimmstenfalls Vertreter mit Spesenansprüchen haben hier das Sagen. kann man irgendwo preiswert dinieren, lauern dort viele Touristen und das Essen wird nachlässig aufgetischt. zu befürchten ist, dass der Koch wenig verdient und sich rächt, indem er in die Suppe spuckt. derartiges kann in einem kulinarischen Bistro, in dem man der Zubereitung zuschauen darf, keinesfalls passieren. das Publikum ist auch angenehm überschaubarer.
die Angebote der Gastronomie werden vielfältig internationaler. an Abwechslung sowie Überraschungen mangelt es nicht. man kann mittlerweile lebende Heuschrecken, Maden oder Mehlwürmer bestellen, nur verspeisen sollen sie einzig die Mutigen. vor nicht allzu langer Zeit verunsicherte die Mikrobe namens Ehec öffentliche Küchen in ganz Europa. die Gesundheitsbehörden gaben Grossalarm wegen bedrohlicher Symptome bei Betroffenen, welche an blutigem Durchfall und Fieber litten. einige schwebten sogar mit geschädigten Nieren in Lebensgefahr. obwohl es intensiv untersucht wurde, blieb wochenlang unklar, woher das Übel kam und wo nach ersten Todesfällen weitere zu erwarten seien. man vermutete diverses Pflanzliches und irritierte die Vegetarier arg. eine beim Essen ziemlich anspruchsvolle Freundin bestellte ihren Halloumi Döner ohne Gemüse, also ein Fladenbrot allein mit Feta. als sich später herausstellte, dass infizierte Bambussprossen aus dem fernen Ägypten die Ursache waren, wurden sie einen Sommer lang überall ganz zerkocht angeboten oder gar nicht. niemand wollte ein Risiko eingehen.
mit der multikulturellen Migration haben sich die Essgewohnheiten gravierend verändert. es wird weniger Fettes bei der Hausmannskost und gern Exotisches aus anderen Ländern verzehrt. der globale Handel mit seinem auf billig getrimmten Transportwesen macht es möglich, dass zu jeder Jahreszeit Erdenkliche und selbst einheimische Früchte verbilligt von fernen Kontinenten in Supermärkten bereitliegen. gekauft werden hochgezüchtete Zwiebeln aus Chile anstatt normale aus dem nahen Brandenburgischen. es ist selten nachzuvollziehen, was man zu sich nimmt. wer es genau wissen will, muss das Kleinstgedruckte lesen. frisch sieht es zu jeder Tageszeit aus, da in den Regalen gut beleuchtet und durch Kühlung im Weiterreifen gehemmt. den meisten ist es wahrscheinlich egal, was für eine Vergangenheit und Herkunft ihre Nährung hat. wer ständig unterwegs ist oder ohne Familie lebt, speist per se nachlässig. bei Ikea vielleicht überhastet eine Köttbullar-Frikadelle, die mit altem Pferdefleisch gefüllt ist. in den Feinschmecker-Restaurants wird das teure Mahl zwar ansprechend dekoriert und subtil gewürzt, was sich dahinter verbirgt, ermitteln bei Magenverstimmungen erst Lebensmittelkontrollen.