petting des ich


(ein investigativer rückblick)

nackt und ungeschminkt sind die Menschen am schönsten. also an einem lauschigen FKK-Strand, von denen um Berlin herum einige an versteckten Plätzen zu finden sind. wo die Natur peripher wildwüchsig wuchert, kann man den Himmel Himmel sein lassen und alles darunter uneingeschränkt leiden dürfen. bedauerlicherweise nicht allein als praktizierender Nudist. an heissen Sommertagen tummelt sich hier das gemeine Badevolk im erotisch aufreizenden Outfit, das Strände in eine Picknickzone verwandelt und nackte Tatsachen zunehmend verdrängt.
es gibt keinen Respekt mehr vor dem in der Natur frei chillenden Körper. dabei ist es das Menschlichste, sich ohne Bedeckung am Wasser zu entspannen. bis ins späte 18. Jahrhundert hat jeder in Mitteleuropa für sich zurückgezogen nackt gebadet. erst mit der Erfindung der Badekleidung wandelte es sich in eine öffentliche Zeremonie. der Erholungssuchende geniesst seitdem nicht mehr das frische Nass, sondern zeigt sich modisch ausstaffiert im öffentlichen Bad der Menge. dabei riskierten seine Eltern, als sie jeden Sommer an die Ostsee fuhren, einen heftigen Sonnenbrand. sie mussten sichtbar braungebrannt zurückkehren, um zu beweisen, dass es ein ordentlicher Urlaub war. dummerweise störten, wenn das Hemd aus der Hose rutschte oder der Ausschnitt tiefer lag, die vom Bikini und den Badeshorts weiss gebliebenen Kulturstreifen. das Sonnenbad wurde irgendwann unverhüllt bewältigt, fern der Heimat und in geschützten Sandburgen, wo jeder familiär unter sich blieb. so profan war der Anfang der FKK-Bewegung in der DDR, oder um genauer zu sein, die allgemeine Wiederbelebung der Nacktheit an Stränden. denn in den 50er Jahren soll in Ahrenshoop schon Anna Seghers unbekleidet gebadet haben, wofür sie der Kulturminister Johannes R. Becher eine alte Sau schimpfte. da solche Konflikte auch zwischen weniger prominenten Personen eskalierten und es Einschreiben an die Behörden hagelte, wurde eine offizielle Anordnung zur Regelung des Freibadewesens erlassen. die FKK-Anhänger bekamen in bestimmten Zonen eine Legalität und entwickelten sich zu einer emotionslosen Massenbewegung, die später als Ausdruck des unbändigen Freiheitsdranges einer eingeschlossenen Gesellschaft verklärt wurde.
die ostdeutsche Freizügigkeit geriet erst nach der Wiedervereinigung mit einer einsetzenden Lust-Aufklärung in ein anderes Fahrwasser. der unbekleidete Körper hatte auf einmal wie im späten Fernseh-Programm attraktiv und mit ausgewogenen Proportionen aufzufallen. weil viele sich aber dessen nie sicher und sein können, nagt der Zweifel an der Seele. psychische Verklemmungen sind besonders in jungen Jahren die Folge und eines Tages werden langjährige Therapien nötig. wer sich um seinen Körper nicht sorgen muss, badet unbesorgt weiter nackt. somit sind es die Molligen und Alten, welche überwiegend an FKK- Stränden zu finden sind.