petting des ich


(ein investigativer rückblick)

bei lähmender Sommerhitze wird der nächtliche Himmel mit Sternen und am Morgen als bizarre Kumulus-Formationen koloriert. das beruhigt Nerven und entspannt die Nackenmuskeln. es ist nur Geduld vonnöten, für jede Gefühlslage ist, wenn nicht ein neuer Stern, so zumindest eine passende Wolke zu finden. eine feine Kleine für den Sanftmütigen, eine weithin Verwehte für den Zurückhaltenden und die dicke Gewitterwolke für heftig Aufbrausende. mithin es keine zwingenden Kategorien sind und bei menschlichen Charakteren per se keine zutreffen, sind unzählige Zwischenstufen differenzierbar. über die Hälfte der Erdoberfläche ist mit den Ansammlungen von beleuchteten Wassertröpfchen bedeckt und es ist ein ständiges Kommen wie Vergehen, von Nord nach Süd und am häufigsten von West nach Ost in europäischen Breitengraden.
im Buch Mose ist den Israeliten bei ihrer Wanderung durch den Sinai Gott in einer kleinen Wolke erschienen. sie verbarg und enthüllte ihn zugleich, so er nicht wie ein kanaanäischer Baal verehrt werden wollte. vielleicht war es auch nur eine Sandwolke, die eine kollektive Halluzination zu einem Über-Ich projizierte. Verdunstungen sind ja ziemlich unwahrscheinlich in einer Wüste. auf jeden Fall geleitete irgendetwas diffus entrückt diejenigen, die daran Glaubenden in eine neue Ära. seitdem kann, da es langfristig erfolgreich war, der Träumer nach Höherem streben, indem er die Weite des Himmels vor Augen hat. potentiell verhüllt sich in jeder fraktal geformten Kondensation ein Weltenschöpfer oder ein rettender Engel. wer einzig das schöne Wetter mit einem blauen Firmament ersehnt, wird vergeblich nach jenem Halt suchen.
ein ordentlich durchwachsener Himmel ist nicht zu verachten. er will täglich beschaut und von Leuten mit Aussenterminen klug interpretiert werden, besonders im Herbst, falls das Wetter launisch und die Frage nach einem Regenschirm akut bleibt. im Gebirge sollte sich der Wanderer bei längeren Touren nicht auf Himmelsbeobachtungen verlassen. er steht bei reichlicher Höhe direkt in den Wolken und ein launiger Umschwung der Verhältnisse ist bei strahlendem Sonnenschein nicht auszuschliessen. er selbst hat es drastisch in den rumänischen Karpaten erlebt und gerade noch vor einem starken Gewitter in eine schützende Seilbahn-Station geschafft.
Meteorologen erkennen an der Form der Wolken, wie sich das Wetter inszeniert, und prognostizieren es in ihren täglichen Berichten. für Laien sind sie phantastische Gebilde und mehrdeutige Rätsel, wenn es sich um simple Kondensstreifen von Flugzeugen handelt. diese schützen, wie man herausgefunden hat, die Erde vor einer zunehmenden Erwärmung, obwohl das ausgestossene Kerosin-Abgas selbst dazu beiträgt. findige Wissenschaftler wollen es schadstofflos demnächst im grossen Rahmen imitieren, um mit künstlich erzeugten Wolken unseren Planeten vor einem bevorstehenden Klimawandel zu schützen. gelingt es ihnen, wird mancherorts der Himmel stetig grau in grau vorliegen.