petting des ich


(ein investigativer rückblick)

für jeglich Messbares gibt es eine Statistik und dazu einleuchtend korrelierende Prognosen. dem Wähler wird mit bunten Graphen, Säulen- oder Tortendiagrammen unmissverständlich erklärt, welche Partei als wählbar gilt, den Börsianern, ob es auf- oder abwärts geht, und dem gemeinen Konsumenten, wie gross seine Kauflust gerade ist oder zu sein hat. glauben viele daran, stimmt es meistens. ermittelt werden Meinungen als Trends durch das Befragen von wenigen Einzelnen in sogenannten repräsentativen Erhebungen, welche recht detailliert sein müssen, damit sie ein Computerprogramm füttern. doch kein intelligenter Mensch ist wohl bereit, dafür die Tortur einer Telefonumfrage über sich ergehen zu lassen. daran kann auch eine Interviewerin mit einer sympathischen Stimme nichts ändern. ihm hat ein Gespräch dieser Art gereicht. eine halbe Stunde musste er komplizierten Fragestellungen parieren, ohne selbst richtig zu Wort zu kommen.
wahrlich trauen darf man Statistiken nur, die man als ernst genommener Befragter mit erstellt hat. da dies lediglich auf Personen zutrifft, die zu viel Zeit haben und nicht merken, dass sie ihnen gestohlen wird, können Umfragen nicht repräsentativ sein. für die Einschaltquote des Fernsehens wird das Surfen mit der Fernbedienung durch installierte Mikrophone in der Wohnung gemessen. wer so etwas freiwillig zulässt, kann nicht bei Sinnen sein oder er hat kein echtes Privatleben. würde der tägliche Medienkonsum mit einem Intelligenztest gekoppelt und anhand kluger Kritiken im Feuilleton abgeglichen, hätten anspruchsvolle Filme sowie Kultur-Sendungen eine bessere Quote. das ist freilich, aus welchen Gründen auch immer, nicht gewollt. es wird die Meinung von gescheiten Menschen ignoriert, damit sich der kleinste gemeinsamen Nenner anonym artikulieren kann.
in der Werbung dienen Umfragen automatisch der Werbung für ein neues Produkt oder einer ganz tollen Dienstleistung. man wird ein bisschen danach verhört und bekommt für die erfolgreiche Teilnahme einen Gutschein, mit dem man das Beworbene oder anderes aus dem Sortiment gratis erhält. eine dahingehende Bestechung ist ehrlich, insofern schnell klar wird, in welche Richtung die Ermittlung zielt. sie muss nicht ernst genommen werden, zumal jede etablierte Firma irgendwo Testsieger ist und von sich behauptet, dass alle sie gut finden. der Schmu relativiert sich von allein. man täuscht vor, dass man es glaubt, und behält sein wachsames Urteilsvermögen. Offerten überzeugen erst, nachdem sie durch eigene Erfahrungen verifiziert werden. wenn statistisch modellierte Stimmungen jedoch zu einer geglaubten öffentlichen Meinung erklärt und in der Medienlandschaft als solche permanent publiziert werden, ist dagegen wenig auszurichten.