petting des ich


(ein investigativer rückblick)

weil er ein fleissiger Mensch ist, kennt er die Mühsal der Arbeit und ihre leidlichen Folgen. er kann einige Risiken sowie Nebenwirkungen aufzählen, sintemal er im Leben seiner Vorfahren ein hart klotzender Bauersmann war und in diesem sich bereits während der Schulzeit mühevoll das Taschengeld mit dem Abräumen von Gaststätten-Geschirr und dem Sammeln von Altpapier aufbessern musste. später als Abiturient wurde es bei Ernteeinsätzen auf dem Land verdient, beim Rübenziehen im Mecklenburgischen. die Felder sind hier hügelig und aus Talperspektiven schier endlos. hatte man sich mit der Hacke einen Anhang bis zum erlösenden Ende hinaufgearbeitet, ging es weiter den nächsten Hügel hinauf und immer so fort bis in die Abenddämmerung, während der Rücken schmerzte und die Hände Blasen bekamen. doch der Schlaf danach war ein unbeschwert entspannter.
wer zu einem prekären Tätigsein bei einem Werbejob oder in der Öffentlichkeitsarbeit verdammt ist, lebt in einer anhaltenden Frustration. es wird jede Woche der Montag verflucht und fünf Tage lang der Feierabend herbei gesehnt. er hat sich nie damit arrangieren können, musste es aber ab und zu durchstehen. besonders unangenehm war es in einem akuten Vereinshaus, wo es tapfer die Zeit abzusitzen und ewig Gleiches zu kommunizieren galt. mit einer angemessenen Distanz kann Sinnloses ausgehalten werden, die sich daraus ergebende Langeweile hingegen selten. in seinem Alter ist so ein Leerlauf schwerlich zu ertragen, für das Tagwerk braucht es einen selbstbestimmten Flow mit Erfolgserlebnissen. den Schwung dafür kann sich aber nur jemand in einer eigenbestimmten Sphäre leisten und ein Angestellter so gut wie nie. hier muss geschuftet werden, egal ob Planungen wie bei einem hauptstädtischen Flughafen, der aus Sicherheitsgründen nicht eröffnet werden darf, umsetzbar sind oder nicht. es reicht aus, dass die Bilanzen und Renditen stimmen.
liesse man allen ihre natürliche Faulheit, wäre die Erde trotz wachsender Überbevölkerung gewiss ein angenehm zu bewohnender Planet. anstatt global Ressourcen zu verpulvern und die Arbeit als ein Krisenmanagement zu entwerten, könnte mehr Faulheit mehr Lebensqualität bringen und den nachfolgenden Generationen sichere Perspektiven vererben. als kluge Enthaltsamkeit ist das Phlegma ein wahrer Segen. wo kopfloser Aktionismus herrscht, wütet das blinde Wachstum ohne nachhaltige Effizienz. es werden unablässig Dienstleistungen erfunden und unnötige Jobs subventioniert, um die monatliche Statistik der Arbeitsämter zu verbessern. fast eine halbe Million Menschen arbeiten hierzulande in Call-Centern, wo sie immer öfter sich gegenseitig anrufen und auf Trab halten. Oscar Wilde hat es in seinem Essay "Der Sozialismus und die Seele des Menschen" vor über 100 Jahren knapp und treffend formuliert: Musse, nicht Arbeit, ist das Ziel des Menschen.