petting des ich
man raucht kaum noch. und wenn doch, verstohlen vor einer Tür oder auf
dem Balkon. seitdem ein Verbot in öffentlichen
Revieren und vor allem Gaststätten allgemein akzeptiert wird, hat sich der blaue Dunst
sukzessive verringert. niemand hätte dies für möglich gehalten. nicht einmal die
Gesundheitsapostel haben mit einem solchen Erfolg gerechnet, da die Proteste gegen ihre health correctness sogar
im Lager der Nichtrauchenden am Anfang immens waren. der jakobinische Tugendterror
setzte sich schleichend durch. man lebt nun überall ohne nikotinverpesteten
Sauerstoff leben und die letzten verbliebenen Raucherinseln degenerieren zu einem
abschreckenden Beispiel. denn die verqualmte Luft ist hier ein unerträgliches Schneiden und selbst für
Hartgesottene nicht lange auszuhalten.
angefangen hat es mit einer Werbe-Kampagne, die dem Unterbewusstsein
dramatisch unausweichliche Folgen suggerierte. schwere Krankheiten, organische
Verstümmlungen sowie Schäden für die ungeborene Generation wurden als Warnungen
schwarz umrandet wie Todesanzeigen auf Zigarettenschachteln etikettiert. niemand nahm diese
Übertreibungen richtig ernst, da der Nikotingenuss nach wie vor einen Lifestyle-Genuss
versprach und grösseres Unheil eher aus motorisierten Auspuffen die Lungen vergrätzt. das Rauchen blieb eine Geste der sanften Rebellion
und morbiden Intellektualität, nach denen sich viele in ihrem Alltag sehnten.
auch als es wegen der steigenden Tabaksteuer unerträglich teurer wurde, wollte
man nicht aufgeben. stangenweise wurden die billigeren Zigaretten in Polen oder
beim Vietnamesen um die Ecke gekauft. es ging nicht um die Qualität, sondern
ums Prinzip. erst nachdem ein generelles Rauchverbot für eine bessere Luft sorgte, erodierte
das massenhafte Festhalten an Glimmstängeln.
bloss nicht bei den Pfeifenrauchern. unter ihnen bleibt man weiterhin ein bekennender
Geniesser.
seit der frühen Jugend konsumiert er den Tabak. es war nicht nur cool, sondern
ziemlich berauschend, vor der Schule eine Karo ohne Filter zu inhalieren. aber
kratzig im Hals und dem Magen mulmig, so dass er rechtzeitig den ungesunden
Zigaretten mit ihren giftigen Zusatzstoffen abschwörte, freilich nicht dem Tabak
an sich. seit Jahrzehnten wird ein feiner, dezent aromatisierter Verschnitt
der Marke Clan gepafft, an splendiden Tagen eine Montecristo, welche bei starken
Halsschmerzen wunderbar kuriert. das Tabakschmauchen entspannt und verteert nicht mit
den Jahren die Lunge, so dass er noch mit meinen Söhnen angemessen Fussball
spielen kann. bestimmt werde er detto wie Ernst Bloch ein respektables
Lebensalter erreichen. dieser soll ja als Professor in Tübingen einmal fast die
Philosophische Fakultät in Brand gesetzt haben, weil er seine beständig
brennende Pfeife nicht im Aschenbecher, sondern am Papierkorb ausklopfte.
man hat es ihm wie vieles andere nicht verziehen. die Alma mater darf offiziell
nicht seinen Namen tragen, obwohl Studenten das ausdauernd forderten.
stattdessen heisst sie Eberhard-Karls-Universität und ehrt einen
Antisemiten aus dem 15. Jahrhundert.