mikado als symptom


(eine vage klarstellung)

was man nicht alles in seinem Leben anhäuft und hortet. bei ihm sind es vor allem Kabel, Stecker, Buchsen und Adapter, die sich seit Urzeiten anhäufen. sie füllen, nachdem kontinuierlich neue Computer, Drucker, Scanner und sonstige Geräte angeschafft wurden, etliche Schubladen und eine grosse Kiste im Keller. es wird äusserst selten noch etwas verkabelt, fast alles steuert sich mit Routern, so dass über die ganze Wohnung verteilt die Familie mit ihren Laptops und Handys verbunden ist. er hat die alten Verbindungen behalten, weil man ja nie weiss, wozu sie weiterhin nützlich sein könnten. vielleicht wäre dem einen oder anderen damit auszuhelfen. da aber jeder inzwischen auf dem neuesten Stand ausgerüstet ist, haben sie Staubflusen angezogen, wie die vielen abgelaufenen Taschenkalender, in denen ich einst fleissig Adressen und Telefonnummern von Menschen notierte, mit denen er verbändelt war. ihre Erreichbarkeit ist eine andere geworden und bestimmt nicht mehr ein notierter Festnetzanschluss.
mit seinem angesammelten Elektro-Schrott könnte er ein Museum eröffnen oder, falls irgenwann die Ideen versiegen, sich eine fulminante Installation zusammenbasteln. eine schwäbische Bildhauerin, mit der er einst ein gemeinsames Projekt plante, konnte auf diese Weise ihr Kunststudium erfolgreich abschliessen. sie verknotete bizarr Telefone und Modems zu einer installativen Diplomarbeit, die an ihrer Schule mit einer Eins bewertet wurde. so einfach geht es, wenn man technische Altlasten nicht wegwirft. jede Kunsthochschule hat immer einen Eleven, der das Studium längst aufgegeben hat und dann irgendwas aus dem Sperrmüll holt, um bei der obligatorischen Jahrgangsausstellung mit einem spontanen Elaborat präsent zu sein. so sichert er sich für wieder zwei Semester ein faulenzendes Warten auf richtige Einfälle für den Kunstmarkt, wo trashige Installationen keine Chance mehr haben, beachtet zu werden. denn vorbei sind die Zeiten, als wie Adorno meinte, die Kunst Chaos in die Ordnung zu bringen habe. die Galeristen wollen eine handwerkliche Perfektion an die zahlungskräftige Kundschaft verkaufen. das ästhetische Verwirren regt keinen mehr auf, es unterhält allenfalls, wo Kunstfreunde wohlgelaunt von einer Vernissage zur nächsten schlendern.
da inzwischen ein Überangebot an nobler Kunst um eine Aufmerksamkeit buhlt und zunehmend das nichtkünstliche Leben erdrückt, hat er unlängst eine Kunstvernichtungs-Maschine ersonnen. mit ihr sollten inflationär sich häufende Artefakte im Internet mit einer hyperdimensionalen Rotation liquidiert werden. angeboten hatte er die Erfindung einem kuratierten Projekt, das die Berliner Stadtreinigungsfirma BSR finanzieren wollte. leider kam es zu keiner Einigung über den Etat, so dass nichts umgesetzt wurde und seine Erfindung nicht zum Einsatz kam. die Folgen sind verheerend, da heute nicht nur allzu viel, sondern absolut zu viel Kunst vorliegt.