mikado als symptom


(eine vage klarstellung)

Galeristen trifft man fast immer in ihrer Galerie. sechs Tage die Woche führen sie zwischen Artefakten in weissgetünchten Räumen die Aufsicht und freuen sich über jeden Besucher. so erlebte er es in Berlin jedenfalls, als in zahlreichen Projektgalerien junge Quereinsteiger das Ausstellen und Verkaufen von Bildern ausprobierten. er kam bei anregenden Plaudereien zu einem bilateralen Meinungsaustausch. unterbrochen wurden die Gespräche selten und falls doch, dann von Nachwuchstalenten mit einer Mappe unterm Arm. etwas schüchtern bewarben sie sich um eine Ausstellung, und es waren Auftritte, welche sich devot anpriesen. eine solche Anbiederei ist peinlich, wenn sie nichts Grossartiges vorzuweisen hat. aber steter Tropfen hölt den Stein und sorgt dafür, dass früher oder später das Mittelmass zum Zeitgeist wird.
mittlerweile sind Galeristen den ganzen Tag über arg mit ihrem Laptop oder Handy beschäftigt. es gilt viel zu koordinieren und für die internationale Geltung zu vernetzen. sie telefonieren, um Agreements zu fixieren, zu revidieren und erneut einzuplanen. als Besucher einer Galerie sind kaufkräftige Menschen sowie Journalisten erwünscht und eigentlich ist es egal, ob nach der Vernissage sich neugierige Menschen Präsentationen ansehen. wichtig ist, dass es in der Presse und sonstwo richtig annonciert wird. gute Erlöse sind dort zu erzielen, wo eine Kunstproduktion bei einer guten Inszenierung in den Medien als Neuheit oder unterhaltende Provokation trendet.
seine Besuche bei Galeristen hat er inzwischen eingestellt, er sieht sich das Gehängte oder Gesockelte mit einer gehörigen Distanz durch die Schaufensterscheibe an und selten direktemang. das Angebot hat sich gewandelt, nachdem professionelle Artdealer für ihre Showräume hohe Mieten zahlen. sie lassen sich nach der Vernissage von jungen Assistentinnen vertreten, welche als studierte Kunstwissenschaftler das Beaufsichtigen und Organisieren in unbezahlten Praktika ableisten. den Aushilfskräften ist es wahrscheinlich eine Ehre in einer professionellen Galerie zu arbeiten und sie hoffen auf einen Sprungbrett-Effekt für ihre Karriere oder auf einen Traumprinzen. doch mit ihnen zu reden, geht überhaupt nicht. sie haben keine Zeit und sind wie Hostessen einer persönlichen Plauscherei nicht mächtig. mit einem erotischen Outfit, vornehmlich in Netzstrümpfen, sollen sie den zahlungskräftigen Kunstsammler anlocken, der zumeist ein älterer Herr ist. es werden Portfolios der vertretenen Künstler wie Speisekarten verteilt. auch ist es ein Kommen und Gehen bei den Galerien, viele geben nach einer gewissen Zeit auf und es rücken neue nach. die Namen wechseln dauernd und nomen est omen nennt sich dann eine neue Galerie "Magic Beans", wie jetzt in seinem Mietshaus.