überflieger in spe


(eine versuchte selbstheit)

in seiner Lausitzer Heimat können Mücken eine sommerlichste Idylle verleiden. im Spreewald stachen sie ihn bei einer Paddeltour mal so arg, dass er freiwillig das Boot mit einem Freund auf der Strasse zurücktrug. einzig mit einer Badehose bekleidet war man zu einer Tour aufgebrochen und bald von Schwärmen umgeben. dagegen half selbst das Ausschlagen mit dem letzten Kleidungsstück nicht. unerbittlich verblieben die Piesacker über den Köpfen und stachen unbarmherzig. in der Nacht bekam er Fieber und der juckende Rücken sah am nächsten Morgen wie ein Streuselkuchen aus. also wurde nie wieder nach einer Regenperiode Boot gefahren. dies meinte er damals zumindest. jedoch in Italien am Po hat er sie Jahre später problemlos ertragen, während andere sich verzweifelt Plastiktüten als Schutz über den Kopf stülpten. sein Blut wird nicht mehr so begehrt, es ist vom anhaltenden Nikotinkonsum wohl bitter geworden, und seine Söhne haben vermutlich das frische, leckere von ihm übernommen. dem Jüngsten schwollen jedenfalls während einer Waldwanderung am Stechlinsee die Augenlider so drastisch an, dass er zwei Tage fast blind war. die Mückenstiche hatten eine allergische Reaktion ausgelöst.
die wuchernde Natur sollte vorsichtshalber auf breiten Wanderwegen durchquert werden. vorbei sind die Zeiten als der Erholungssuchende sich unbekümmert in die Büsche schlug oder eine wildwüchsige Wiese durchstreifte. es lauern inzwischen hier neben den Mücken die noch ärgeren Zecken. sie vermehren sich wegen der milden Winter vehement und tragen einen gefährlichen Virus mit sich herum. wird man von den kleinen Parasiten, die vor kurzem ein akademischer Kongress zum gefährlichsten Tier Deutschlands deklarierte, angezapft, kann es schlimme Folgen haben. sie lassen sich von Halmen auf die Füsse ihrer Opfer fallen und warten dann auf eine günstige Gelegenheit für das Hineinbohren in die Haut. wer sie nicht rechtzeitig entfernt, kann an der gefährlichen Borreliose erkranken, gegen die bisher kein Impfstoff und keine Immunität ankommen.
lange Zeit waren Hornissen ebenso gefürchtet. sieben Stiche würden ein Pferd töten, drei einen Erwachsenen und zwei ein Kind, wurde ihm als Heranwachsendem erklärt. erst nachdem sie in urbanen Landschaften fast ausgestorben waren, erkannte man ihre Nützlichkeit als Insektenvertilger und stellte sie unter Schutz. bei einem Freund erwies sich auf seinem Spreewälder Gehöft ein Volk in einem Apfelbaum als ziemlich harmlos. solange es niemand störte, passierte gar nichts. die Spinnen und vor allem ihre Netze verdienen diesen Respekt auch. wo sie fehlen, sind Mücken umso drastischer zu ertragen. auch wenn sie nicht stechen, verhindert ihr beharrliches Sirren jedes Einschlafen. es reicht, wenn sich eine, und vielleicht nur ein nichtstechendes Männchen, im Zimmer verirrt. man wird es bei eingeschaltetem Licht nicht finden, wo immer man sucht. gegen die Folter des Sirrens hilft kein Schäfchenzählen, kein Kopfkissen über dem Kopf und ein weiteres Bier schon gar nicht.