überflieger in spe


(eine versuchte selbstheit)

was man alles in seinem Keller lagert? in seinem sind es Möbel vom Vormieter und in unzähligen Schachteln alte Schrauben, Muttern sowie Unterlegscheiben. benötigt er eine spezielle Grösse, muss er lange suchen. genauso ergeht es ihm mit geflickten Fahrradschläuchen, welche neben übrig gebliebenen Ersatzteilen von einen aufgegebenen Autos in einem Regal lagern. er entsorgt sie nicht und ebenso wenig zahlreiche Akten in dicken Ordnern, welche als Nachweis eines Tages erneut vorzulegen sind. es könnten ja wieder Rechnungen für umgestellte Tarife von einem Stromanbieter eintreffen, die bereits bezahlt wurden. sogar die Rentenkasse verlangt kontinuierlich einen Nachweis für weit zurückliegende Einzahlungen. sie haben die Abzüge von irgendeinem Arbeitgeber, an den man sich nicht mehr erinnern kann, pünktlich auf ihrem Konto erhalten und in Jahresabrechnungen belegt, wollen allerdings nach Jahrzehnten eine erneute Bestätigung dafür.
um für solche und andere Eventualitäten gewappnet zu sein, ist er in seinem Keller ein Messi und horte hier sogar alte Kinderbücher, die er als sentimentaler Mensch nicht wegwerfen will. es könnten Erinnerungen verloren gehen, und verschenken kann er sie wegen mancher Kritzeleien nicht. es bleibt einzig die Hoffnung auf Enkel, denen er sie irgendwann vorlesen darf. in seiner Kindheit waren es Kohlen, Kartoffeln für den Winter, die in einem Keller ihren Platz hatten und keinen Raum für anderweitiges Lagergut liessen. nun häufen sich für das anspruchsvolle Überleben nicht bewältigte Ansprüche an. was aufgehoben wird, sind vor allem gescheiterte Investitionen und abgebrochene Bemühungen, die sich bei ihm als Reste von Kunstproduktionen akkumulieren. er meint noch immer, sie verwenden zu können, obwohl er seit langem mit Computern arbeitet. vielleicht ändert sich dies eines Tages. und falls nicht, bleibt das Gelagerte ein abschreckendes Beispiel.
akribisch verstaut sammlt er Ausstellungsobjekte in unzugänglichen Kisten, die er nicht mehr öffnen möchte. man weiss nie, was einem begegnet, entgegenstaubt oder vorwurfsvoll aus alten Mappen und Kartuschen anspringt. es könnte eine peinliche Zeitreise in eine längst verdrängte Vergangenheit werden. Entdeckungen wären möglich und gleichfalls arge Enttäuschungen. zu befürchten ist die Wiederbegegnung mit einem unreifen Frühwerk, das zu keinem Ouevre passt, aber ohne es nicht zu erklären ist. man muss aufpassen, dass dieses Leidgut gut versteckt im Dunklen bleibt.