petting des ich


(ein investigativer rückblick)

ohne Tastatur und Display kann er kaum gewichtig Wichtiges formulieren. das war nicht immer so. seine erste Bewerbung wurde mit einem Füllfederhalter schwungvoll schöngeschrieben und formvollendet an eine Uni abgeschickt. da es nicht alleweil perfekt gelang, kaufte er sich nach der Schule eine Schreibmaschine der Marke Erika. sie ratterte und klapperte, als er seine frühen Gedichte bis spät in die Nacht hinein rhythmisierte. ein Nachbar beschwerte sich mit einem Klopfen gegen die Wand darüber vergeblich. nach der Wiedervereinigung erwarb er den ersten Computer von meinen letzten Ersparnissen, und es war eine lohnenswerte Investition. Einfälle mussten nun nicht vorab im Kopf lesbar formuliert werden, sie liessen sich am Bildschirm experimentell erkunden. freilich blieb es weiterhin mühselig und er erlernte daher das Programmieren, um Satzverbindungen algorithmisch zu generieren.
mit dieser Kühnheit war er seiner Zeit ein Stück weit voraus. inzwischen sind derartige Texte eine gängige Praxis. sie werden schematisch für Internet-Seiten und Rundbriefe erstellt. bei bürokratischen Korrespondenzen möchte niemand auf jenen Fortschritt verzichten und vor allem nicht auf seine automatische Rechtschreibkorrektur. der pedantische Rechner ist in vielen Bereichen dem Menschen überlegen. das zeigt sich besonders beim Schachspiel oder in der Buchhaltung. sukzessiv verändert das omnipotent Digitale unseren Alltag. es werden menschliche Schwächen kompensiert und routinierte Anliegen gründlicher abgearbeitet. im Computer trifft der Mensch auf einen Dialogpartner, der wie ein hehrer Spiegel seine kognitiven Fähigkeiten perfektioniert. denn fast immer ist es eine Software, die zeigt, wo es offline lang geht und was man online bei Recherchen zu finden hat. mit ausgetüftelten Algorithmen wird alles vertieft und optimiert, was sich intensivieren und optimieren lässt. das Arbeitstempo steigt unaufhörlich und in gleicher Weise das individuelle Leistungsvermögen, ganz gleich ob man es will oder nicht.
im Laufe der Jahre hat er sich deshalb eine unangenehme, nicht vollständig zu kurierende Sehnenscheidenentzündung zugezogen. wenn sie akut ist, muss er sich die Gelenke mit Murmeltierfett einreiben, und so lange es nicht hilft, unfreiwillig pausieren. während solcher Auszeiten gehen Einfälle verloren, und vermutlich auch die besten. was nicht abgespeichert wird, entschwindet bei seinem schlechten Gedächtnis unweigerlich und es ist dann nicht mehr feststellbar, ob als ein grosser oder zu verschmerzender Verlust. müssig wäre es darüber zu lamentieren und noch müssiger, das einstmals Ausgedachte zu rekonstruieren. letztendlich landet bei der Unmenge von inzwischen anfallenden Daten das digital Erfasste sowieso in einem babylonischen Nirwana. man könnte daher prosaischer leben und schreiben, aber...