mikado als symptom


(eine vage klarstellung)

die Zukunft wird zu einer ausgangslose Verunsicherung. selbst die Rente wird daran nichts ändern, sie verheisst bei erbärmlichen Einzahlungen nichts Gute. jedes Jahr bekommt er eine Prognose für die zu erwartende Auszahlung und hat noch immer nicht herausgefunden, wie er seine Wut in einem Beschwerdebrief kommunizierbar mache, ohne dass er am eigenen Korrekturlesen scheitert. endlich mal wütend sein dürfen und Unverschämtheiten einfach zurückspielen, alles kurz und klein schlagen. dafür braucht es wohl eine Axt. in seinem Keller lagert noch eine, mit der er vor Jahrzehnten Holz für den eigenen Ofen spaltete. es war ein besseres Heizmaterial als die brikettierte Kohle, bei der man lange warten musste, bis sie durchglühte.
die Winter sind milder geworden und werden seit Jahren zentralbeheizt, dennoch besitzt er noch jene Axt, um mit ihr jetzt eine alten Küchenschrank aus Pressspan voller Unmut kleinzuschlagen. gestückelt darf er ihn in den Müll-Container werfen und muss sich keinen Transporter für die obligatorische Entsorgung mieten. um aufgestaute Aggressionen loszuwerden, spielen manche mit ihrer Playstation oder vor einem grossen Bildschirm mit einer Wii. wer es als zu harmlos empfindet, kann sich einen Wutraum mieten, wo sich vorliegendes Mobiliar bis zur körperlichen Erschöpfung demolieren lässt. das las er gerade in seiner Tageszeitung. aber es geht auch einfacher, auf Demos oder in den sozialen Foren des Internets, wo jeder anonym die Sau rauslassen kann. hier wird herausgeschrieen, was die Seele bedrückt und meist im Imperativ, der wie bei dem "Merkel muss weg!" nicht immer grammatisch korrekt ist. lange Zeit war es ein Privileg von Journalisten und Schriftstellern, öffentlich auszuteilen. im Internet besorgt das heute viel skrupelloser der emotional empörte Bürger. findet er Beachtung, ist der Sturm der Empörung bei einer allgemeinen Ansteckung schnell entfacht.
Nietzsche zerschlug mit seinem berühmten Hammer herkömmliche Ansichten. ihm fehlt häufig einer, so dass er dann mit Zangen oder sonstig klobem Werkzeug einen Nagel in die Wand schlägt. in der Not klappt es ganz gut und beim alltäglichen Palavern trifft er sowieso besser improvisiert den Nagel auf den Kopf. für das mentale Destruieren bevorzugt er selbstbezügliche Spekulationen, da sie behände zu paradoxen Situationen führen. werden zu logisch Argumente zusammengeschraubt, relativiert sich das, was man meint, sicher zu wissen. das ungeduldige Beharren auf Ideale verbraucht sich, was für die eigenen Arbeiten leider betrüblich ist, da einem als abgeklärter Stoiker der Übermut für Höhenflüge irgendwann fehlt.