mikado als symptom


(eine vage klarstellung)

gefroren hat er oft in seinem Leben, und besonders arg in Wohnungen mit einer Ofenheizung. blieben die Zimmer bei einem winterlichen Ausflug zwei, drei Tagen ungeheizt, wurde es danach unangenehm ein Hausen wie in einem Gefrierbeutel. die Fenster vereisten wegen dem Kondenswasser und es dauerte, bis sich eine wohltemperierte Behaglichkeit einstellte. seine Schwester hatte ihm mal versprochen, in seiner Abwesenheit die Öfen vor seiner Rückkehr anzuheizen, nur ungeübt kein Feuer zustande gebracht. als Ausgleich lüftete sie die Zimmer, stopfte alle Vorhänge sowie die Bettwäsche in die Waschmaschine und brachte dabei vieles durcheinander. er kam mit einer Freundin nach einer langen Fahrt in eine eiskalte Wohnung, wo man sich völlig übermüdet nicht einmal im Bett aufwärmen konnte. es musste erst neu bezogen werden. so grausam kann das Leben sein.
angebrachter ist es, in kalten Winterwochen in einer gut beheizten Klause zu verweilen, jedenfalls an Abenden, an denen ein eisiger Wind weht. dann hat man seine Ruhe und muss keinen unverhofften Besuch mit einem Bazillus befürchten. die frostige Luft härtet zwar ab, aber man darf nicht bereits erkältet sein. bei ihm braucht es dann eine Sauna in den eigenen vier Wänden und eine halbe Woche der Zurückgezogenheit im Bett. Igel halten Winterschlaf, Maulwürfe eine Winterruhe, bloss der Mensch muss durchgängig arbeiten und ständig etwas in seinem Leben stemmen. im Winter gelingt es ihm recht produktiv, weil die Ablenkung geringer ist. im Sommer ist er zu träge und erst in lauen Abendstunden zu Geistvollem aufgelegt. leider auch schnell abgelenkt, wenn die Nachbarschaft bei offenen Fenstern Musik hört oder auf Dachterrassen gesellig grillt.
da es kein Recht auf ein ungestörtes Leben gibt, befindet er sich beständig im dem Modus einer Abwehr. meist ist es die Einsamkeit beim Lesen oder Schreiben, die vor einer abtörnenden Geselligkeit schützt. vorbei sind die Zeiten, als Diskussionen noch voller Leidenschaft die Gemüter erwärmten und ein Gemeinschaftsgefühl schufen. bis spät in die Nacht hat er einst mit Gleichgesinnten über Gott und die Welt gestritten. es zählte das treffendere Argument und nicht die eigene Meinung. nun beharren befindliche Gemüter bei Diskussionen auf ihr weiblich oder maskulin diveres Anderssein, auf die Distinktion als erfolgreicher oder cleverer Dummkopf. Denkweisen reduzieren sich bei achtsamen Bestätigungen und wollen immer den ihren Schlusspunkt durchsetzen. dagegen hilft nur vornehmes Schweigen und die Gewissheit, dass jede Funkstille dünn ist. sie kann jeden Augenblick brechen. man führt auf ihr ein Leben auf Probe.