mikado als symptom


(eine vage klarstellung)

erst mit dem Frühling beginnt für ihn ein neues Jahr. in den Wochen davor sind noch Projekte vom vergangenen Quartal abzuarbeiten. solange jedenfalls, bis sein Stubenhockerdasein eine frühe Morgensonne ausblendet und die Uhren auf Sommerzeit eingestellt werden. am Fenster saugt er dann direkt über die Augen das frühe Licht ein. die Arbeitstage bekommen einen neuen Rhythmus und sind nicht mehr passend zurechtzudimmen, derweil korpulente Menschen bei warmen Temperaturen ihren Körper nicht weiterhin mit einer cleveren Kleidung kaschieren können. der Frühling zwingt, wenn er gleich in den Sommer übergeht, zu einer demokratisch minimalistischen Bekleidung. in seiner Jugendzeit wurde er nicht mit einem Sonnenbad, sondern dem Spargel eingeleitet, und es war ein Zelebrieren, wo eine schwer erhältliche Rarität auf die Teller kam. ein Bund erhielt man entweder zufällig in der Kaufhalle oder im Tausch für etwas anderes Rare. als aber immer mehr Bauern und sogar Kleingärtner sich auf den Anbau konzentrierten, war es nichts Besonderes mehr. die zuvor ohne Probleme zu kaufende und viel schmackhaftere Schwarzwurzel verschwand hingegen aus den Gemüseregalen. wegen dem aufwendigen Putzen wollte sie kaum noch wer kaufen, obwohl die Zubereitung einfach sein kann. die Wurzeln werden unter fliessendem Wasser gebürstet, in leichtem Salzwasser gedämpft und von den Schalen durch leichten Druck befreit.
seine Oma hat es ihm und manch anderes in ihrem Dorf gezeigt. bei ihr verbrachte er unbeschwert die Ferien auf einem kleinen Bauernhof inmitten von Gänsen, Schweinen, Hühnern und unzähligen Katzen. mit seiner fünf Jahre älteren Cousine waren hier nach dem Familienurlaub die Sommerferien ein Abenteuer. bei seinem Ankommen wurde er auf einer Kartoffelwaage gewogen und am Ende vor der Abreise erneut, um stolz die Differenz seinen Eltern zu verkünden. es gab viel zu essen und sein Hunger war immens, wenn er den ganzen Tag mit dem Hund Movie, einem Mischlingsrüden, herumstreunte. jener freute sich über den Auslauf und er musste ihm hinterherrennen, mitunter durch Tümpel waten, in denen sich Blutegel an seinem Blut labten und kaum zu entfernen waren. nunmehr kann man sie sich als Selbstzahler von einem Heilpraktiker professionell an- und wieder absetzen lassen, denn sie weisen akute Schmerzen besser als Medikamente in die Schranken.
nach der Scheidung seiner Eltern war Schluss mit dem guten Futtern in der ländlichen Idylle. er ist wohl deshalb ein schlanker Mensch geblieben. das von seiner Cousine in der dörflichen Abgeschiedenheit geweckte Interesse für die bildende Kunst ist indes geblieben. sie malte gern in den Abendstunden die alten Meister ab und am liebsten die Holländer, von denen sie einige Kunstdrucke besass. er bewunderte sie dafür und versuchte sich ebenso darin, nur ohne Erfolg. das realistische Zeichnen lag ihm nicht, er konnte nicht einmal Bäume mit Verästlungen auf das Papier bannen. für das Malen braucht er expressiven Schwung und viel Papier zum Ausprobieren. seine Cousine konnte er damit kaum beeindrucken und auch nicht Jahre später mit seiner ausgestellten Kunstproduktion.