überflieger in spe


(eine versuchte selbstheit)

mit einem Paddelboot habe ich schon manchen heimatlichen See durchstreift, auch die breit strömende Havel um Berlin und den Spreewald von Süd nach Nord durch seine weit verzweigten Fliesse. seit einigen Jahren nennt sich das Paddelboot up to date Kajak oder Kanu und ist mit jener Neubenennung zu ordern. am Stechlinsee wurde ich in einem Urlaub pedantisch darauf hingewiesen. bisher hatte ich bei einem Bootsverleih einfach einen Zweier oder Einer verlangt und in ihm links, rechts das Wasser geschaufelt. wird nun gepaddelt, dann in einem langen offen Kanu. man hat eine Schwimmweste anzulegen, wird über Gefahren belehrt und braucht einen Steuermann. ich habe es auch ohne geschafft, da ich mich an die Winnetou-Filme erinnerte und das Paddel wie Pierre Brice auf der Leinwand zugleich als Steuer benutzte. es hat von Anfang an funktioniert und wurde mit jeder Tour auf brandenburgischen Flüssen perfektioniert.
an den Ufern trifft man häufiger auf einen Eisvögel, auf eine schwimmende Ringelnatter, die sich zwischen Badenden ungestört ihren Weg bahnt, oder in einem Ausflugslokal den Moschusbock, welcher als einheimischer Käfer beängstigende Ausmasse annehmen kann. seitdem das Schilf wieder überall wachsen darf, erholt sich die Natur von uns Menschen, damit wir uns in ihr besser erholen. am Abend kann eine atmosphärische Stimmung mit der Schwere des Himmels, wie sie Leistikow am Grunewald festgehalten hat, an vielen Seen bewundert werden. man muss freilich einen Blick für solche kompositorischen Leistungen haben und darf kein stumpfsinniger Mensch wie der letzter deutsche Kaiser sein, der solche Bilder aus Museen verbannen wollte. es lassen sich vor diesem Hintergrund mühelos Fische fangen. in der Dämmerung werden sie aktiv und schnappen, um Insekten zu jagen, weniger scheu an die Oberfläche. meist sind es die fad schmeckenden Rotaugen und Rotfedern. erst mit den Blasenteppichen kommen die Karpfen oder Brassen. in dieser Gesellschaft kann man verweilen, hier ist man ein entspannt Verweilender, so lange es in der Stadt stickig heiss ist. die professionellen Angler werfen ihre Köder ins Wasser und warten auf den ersten Biss. sie tun es nicht aus einer Notdurft heraus, sondern just for fun zum Zeitvertreib. im Supermarkt ist der nahrhafte Fisch preisgünstiger zu haben und im Vergleich dazu ein Anglerschein sehr, sehr teuer.
obwohl einige meiner Spielfreunde eine professionelle Ausrüstung besassen, habe ich es selten ausprobiert und nur einmal in einem Urlaub mit meinen Eltern einen kleinen Fisch gefangen. er wurde vorsichtig vom Haken getrennt und in das Wasser zurückbefördert. als lebenden Köder wollte ich ihn, wie es damals üblich war, keinesfalls verwenden. vielleicht hat er es geschafft, zu einem Grossen heranzuwachsen. zum Angeln fehlt mir die Geduld, aber zuschauen mag ich gern, so nicht geredet wird, was ja höchst selten passiert, wenn Menschen aufeinander treffen. gehe ich fischen, dann um die passenden Wörter zum Weiterschreiben zu finden. oft müssen welche erfunden werden, sie sind dann mein Anglerlatein.