petting des ich


(ein investigativer rückblick)

vorbei sind die Zeiten, als in Berlin vor einem Vernissagen-Publikum überraschend Experimentelles gesucht und gefunden wurde. es wurde honoriert und rezensiert für ein kollektives Weitermachen, bis irgendwann ein Zuviel an Kunst die besten Einfälle zunehmend relativierte. nunmehr lohnt sich das Ausstellen kaum noch in Projekt-Galerien, einzig Kunstmessen versprechen eine lohnenswerte Wertschätzung, die primär eine monetäre ist und für das gute Überleben angestrebt wird. nur dafür muss sich der Bildproduzent erst ein Renommee erarbeiten. die cleveren Galeristen haben in Berlin den Wandel der Zeit erkannt und geben sich nicht weiterhin, wie lange üblich, mit einem 50-prozentigen Verkaufserlös zufrieden. sie vermieten ihre Räume gewinnbringender an ehrgeizige Kreative, welche sich profilieren wollen. die Vermietung ist ein solides Geschäftsmodell, seitdem weniger gekauft und umso mehr gezeigt wird. die Kunst hat lediglich handwerklich solide auszusehen und dem Ausstellenden die gewünschten Referenzen zu bringen. vorwiegend sind es jettende Nachwuchstalente aus der Fremde, die bei solchen Galeristen einen Vertrag abschliessen. oder kommerziell erfolgreiche Designer lassen sich darauf ein, für Geld zu zeigen, was sie ohne Auftrag vermögen. sie wollen von dem Nimbus der Hauptstadt profitieren. haben sie eine Galerie gebucht und in der Lokalpresse die dazu annoncierte Bestätigung bekommen, sind sie zufrieden. es reicht aus, um zu Hause oder unter den Kollegen in der Werbeagentur angeben zu können.
der Mythos einer Kunstmetropole verlockt besonders junge Abenteurer und desto gerissener werden die Geschäftsgebaren. das muss man nicht monieren, denn die herbei strömenden Betroffenen sind selber schuld daran. sie interessieren sich kaum für die lokalen Realitäten, einzig für den in den Medien verkündeten Hype eines kreativen Eldorados. sie wollen beifällig vom hiesigen Publikum, das zumeist aus Touristen besteht, bewundert werden und eine Karriere begründen. in der Regel verrichten sie als Weltenbummler mit egozentrischen Projekten nur ihre Notdurft. die Hotel- und Gastro-Branche profitiert unablässig vom Ruf dieser Stadt als hippe Hochburg der Sub-Kultur. tatsächlich ist Berlin nichts anderes mehr als eine durchkommerzialisierte Party-Metropole.
die Originalität von originellen Ansichten ist tagaus tagein zu überbieten. wer in dieser Hinsicht nicht mithalten kann, sollte sich zurückhalten mit seinen Passionen. wo man alles sagen und vorzeigen darf, wird es mühsam, für Ansprüche aufmerksame Zuschauer zu finden. ist kein verständig achtsames Auditorium vorhanden, dann gilt, der Schweigsame ist der Klügere. der ewige Besserwisser postet andauernd seine Botschaften in kommunizierende Röhren, wo immer weniger nachhallt.