mikado als symptom


(eine vage klarstellung)

im Scheinwerferlicht hat er oft in jungen Jahren gestanden, doch nur hinter den Kulissen. als technischer Mitarbeiter am Cottbuser Theater stellte er auf den Brettern, die am Abend die Welt bedeuten, das Licht für dramaturgische Effekte auf und ein. er schwitzte dabei sehr, da die Scheinwerfer altertümliche Geräte mit einem entsprechenden Gewicht waren und wie eine Heizsonde ihre Umgebung ordentlich aufheizten. auf der Brücke über dem Zuschauerraum wurde es während der Vorstellungen, wo er an einem Verfolger leicht bekleidet sass, nach dem ersten Akt unerträglich heiss. die Schauspieler und Sänger transpirierten in ihrer Garderobe noch mehr Schweiss. er wollte nie so auf einer Bühne leiden, sogar wenn man als eine very importent person gefeiert wird und danach als Gast schneller Zugang zu geselligen Runden.
mit einem Presseausweis gelang es ihm allerdings im Journalistenberuf eine zeitlang. es reichte, ihn vorzuzeigen und schon erhielt er freien Zutritt. man hoffte, er würde etwas schreiben und überreichte ihm Präsentationsmappen. bei Demonstrationen war der Ausweis ein Schutz vor mancher Polizeiwillkür und protegierte ihn, wenn ich gegen die Verkehrsordnung verstiess. er hat es indes bloss einmal ausgenutzt, als er mit einem Fahrrad auf einem leeren Fussgänger-Boulevard zu einer Sonntagsschule verdonnert wurde. der Cottbuser Chef der Verkehrspolizei zerriss grinsend vor seinen Augen die Vorladung und die Sekretärin strich böse dreinblickend ihn aus einer Liste. mit seiner Künstlerkarriere waren ihm später keine Vergünstigungen mehr beschieden. sie begann mit Hyperwürfeln, welche eine Weile bestaunt und eifrig rezensiert wurden. gebaut hat er sie aufwendig mit Kupferdraht und fleissig ausgestellt. kaufen wollte sie keiner, so dass sie bald im Keller landeten. wer das Unmögliche sucht, scheitert meist am Möglichen. bei ihm war es ein Abstieg in Raten. nachhaltig verging ihm die Lust auf Vernissagen, er reagierte lediglich noch auf Anfragen, die immer sporadischer eintrafen.
der anfängliche Ruhm ist in einem Wurmloch verschwunden und um eine weitere Anerkennung bemüht er sich nicht. er beobachtet lieber den Ruhm anderer Talente und bleibt ein verkannter Unbekannter. diese Haltung ist kein Protest, eher Pragmatismus. der freie Künstler ist in den Medien eine relative Persönlichkeit und keine der Zeitgeschichte. müssen Interviews und Fan-Gemeinden bedient werden, sind immerdar Lobhudeleien oder Anfeindungen zu parieren. jene Anstrengungen stehen in keinem Verhältnis zu den wachsenden Mühen für nebenbei zu erbringende Leistungen. zudem ist es peinlich, bedeutungsvoll zu sein, seitdem das Bedeutende sich inflationärer relativiert. der Eigenbrötler mutiert automatisch zu etwas Besonderem und muss sich keinem Publikum verpflichtet fühlen. vor allem wenn wer wie er einen Allerweltsnamen trägt und leicht bzw. überhaupt nicht verwechselt wird.