mikado als symptom


(eine vage klarstellung)

als Teenager wollte er unbedingt ein Instrument spielen, nicht immer nur hören, wie es andere konnten und damit eine beneidenswerte Geselligkeit um sich scharrten. er erkor sich dafür die Gitarre, welche bei geselligen Runden als Wanderklampfe in Mode war. nur schien es so gut wie unmöglich, eine irgendwo zu kaufen. also baute er sich aus Sperrholz die eigene. in einer Schultischlerei hatte er es gelernt, Holz passgenau zu verleimen, und es klappte ganz gut, nur die Stege setzte er mehr symbolisch als wohltemperiert. er übte so lange darauf Akkorde, bis er in Prag eine richtige von gesparten Kronen erwarb. sie war billig und dementsprechend klang sie. aber das spielte keine Rolle. als musikalisch unbedarfter Mensch blieben seine Erfolge sowieso bescheiden. dies hat ihn freilich nicht davon abgehalten, auf seinen Reisen als Tramp mit einem kleinen Repertoire zu dilettieren. zumeist waren es die Kirchenlieder aus einem Heft, das er mit verzeichneten Akkorden von einem Jugendpfarrer beschenkt bekam. und so sang er dann vor sich hin: "Herr erbarme dich" oder ähnliches und es war zum Gotterbarmen.
es dauerte eine Weile, bis er das Klampfen als Experiment aufgab. er hatte es jedenfalls ausprobiert und seine Feinmotorik in den Fingern perfektioniert. gelegentlich durfte er später mit einer geborgten E-Gitarre in einer Punk-Band auftreten und während seiner Armeezeit in einem Klubhaus mit einer Fender experimentieren. bei ihr hat man einen satten Sound und hallige Effekte, die bei Musikern, welche nicht mehr als drei Akkorde anschlugen, damals äusserst beliebt waren. ohne jenen Zusatz vermochten nur die Liedermacher auf ihren teuren Konzertgitarren ein Publikum beeindrucken. wer keine Noten lesen konnte und mehr Drive brauchte, brillierte lieber auf der Luftgitarre, bei der nur zu einem rockigen Sound aus dem Lautsprecher ein Rhythmusgefühl nötig ist. gut performt ähnelt es dann den Auftritten von Bands, welche im Fernsehen oder bei Volksfesten playback spielen.
es war ihm früh klar geworden, dass er über kein grosses musikalisches Talent verfügte und es eine gewisse Begabung braucht, um in einer Kunst Fuss zu fassen. ergo erwählte er sich die bildende und hält noch heute in ihr die Stellung. hier darf er als ein Spätentwickler vor sich hinbröseln und als Überflieger bei sich bleiben. es muss nur ab und zu etwas vorgelegt werden und mitunter reicht es aus, den unfruchtbaren Arbeitsprozess zu thematisieren. Musiker vermögen solches kaum, sie müssen täglich trainieren. in jungen Jahren entscheiden sie sich für ein Instrument, üben täglich fürs Konservatorium, während andere nach der Schule herumgammeln und abends fernsehen oder mit dem Computer spielen. mit viel Mühe schaffen sie es eventuell in eine Musikhochschule, um am Ende höchst selten in einem Konzertsaal zu landen. mit seiner Ungeduld hätte er dies nie durchgestanden.