mikado als symptom


(eine vage klarstellung)

weil es noch keinen Coffee to go gab, ging sein Vater immer mit einer Thermosflasche zur Arbeit. sie war, gefüllt mit einem selbstgemahlenen Bohnenkaffee, sein unentbehrlicher Begleiter und sogar am Wochenende, wenn er an einer Garage baute oder für die neue AWG-Genossenschaftswohnung Aufbaustunden ableistete. mit dem Koffein bekämpfte der Vater als ein umtriebiger Mensch, der nicht zum Ausschlafen kam, eine permanente Müdigkeit.
er hat als sein Sohn die Thermoskanne für sich wiederentdeckt, als er täglich in einer Uni-Bibliothek zu arbeiten begann. das Automatengebräu wollte er dort nicht trinken und irgendwann gar keinen Kaffee mehr, sondern lieber einen wohltemperierten Kakao. das Göttertrank der Azteken wurde für ihn ein besseres Aufputschmittel. leider ist es kompliziert geworden, dafür eine passable Kanne zu finden. die angebotenen haben für den Druckausgleich einen Knopf im Verschluss und werden schnell undicht. es muss aber wie bei seinem Vater ein Trunk für die Pause sein, der bis zum Feierabend seine Wärme behält.
arbeitet er nur am eigenen Schreibtisch, geht der Schwung allmählich verloren oder er stellt sich erst gar nicht ein. er benötige eine Betriebsamkeit um sich herum, einen ansteckenden Elan. der Angstschweiss von Studenten in einer Bibliothek, wenn sie emsig für ihre Prüfungen lernen, treibt ihn beharrlich an. inmitten einer solchen Aufgeregtheit wird die Zeitungslektüre sein Frühsport. zu Hause vertrödelte er seinen Tagesanfang ein, zwei Stunden und kam nicht richtig in die Pötte. es wurde jahrelang zu viel Zeit verbraucht, um sich einzustimmen. erst am Abend war man in der Lage, mit Schwung loszulegen, und arbeitete dann mit einem schlechten Gewissen bis spät in die Nacht hinein, um am nächsten Morgen wieder schlapp aufzuwachen, so dass der Kreislauf beständig mau blieb.
sein Vater ging das Tagessoll stets in der Früh an und schlug nie über die Strenge. weil er lange Zeit im Ausland sein Geld verdiente und zu Hause kaum etwas mit der Familie unternahm, ist man sich fremd geworden. nach der Scheidung seiner Eltern sah er seinen Vater immer seltener und irgendwann nur noch an Geburtstagen. als er sich wieder verheiratete, verlor man sich völlig aus den Augen. dennoch liegen Parallelen vor, wo er meint, sich im Familiären zu erkennen. obwohl man sich überhaupt nicht ähnelt und bei verschiedenen Temperamenten wenig gemeinsam hat, gibt es im Spiegel Gesten von seinem Vater, welche er als Familienähnlichkeiten bei sich entdeckt. es liegen Ählichkeiten in Winzigkeiten wie Wetterlagen vor, die fast jeder unabhängig von seinem Charakter als eine gleiche Stimmung erfährt.