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wer als besucher ein gefängnis erkundet, muss viele sicherheitsbarrieren passieren. immer wieder öffnen und schliessen sich gitter oder elektrische türen, ohne in einen innenraum zu führen. zu viele barrieren und ein zuviel an organischer dynamik bestimmen das leben in einer geschlossenen anstalt. ein aussenstehender kann strukturelle gegebenheiten hier kaum durchschauen und verstehen wohl nur selten. vielleicht sieht deshalb, wie viele öffentlichen diskussionen zeigen, die gesellschaft in der abschirmung einer justizvollzugsanstalt einen raum, der ausserhalb der sozialen ordnung liegt.
mit der idee, einen hyperraum als diskursgrundlage zu konkretisieren, versuchte unser projekt "locus publicus/ celatus" die schwer zugängliche sphäre eines gefängnisses mit der des öffentlichen lebens zu verbinden. es sollte etwas installiert werden, was es für die anschauung gar nicht geben kann und dass deshalb im verborgenen bleiben sollte. das brandenburgischen justizministerium unterstützte unser vorhaben trotz anfänglicher skepsis wohlwollend. wir konnten uns dank einer ausnahmegenehmigung in der justizvollzugsanstalt
Frankfurt/O ohne begleitung frei bewegen und bei einer guten finanzierung eine geplante 5dimensionale würfel-projektion als raumplastik aufbauen.
mit einer gruppe von fünf langzeitstraflern und zwei einsitzenden dealern arretierten wir in einer freigeräumten zelle 64 eingefärbte hanfseile an der decke. die jeweilige position wurde von den vier grundrissen eines 5dimensionalen würfels bestimmt, welche sich um jeweils 90 grad versetzt mit einer rotation in der vierten raumachse ergaben. die parallel liegenden kanten des würfels haben wir auf eine ebene fixiert und in der räumlichen anordnung zu einer labyrinthischen struktur verbunden. als die installation fertig vorlag, verblieb sie unsichtbar für einen monat in der abgeschlossenen zelle.
für die öffentlichkeit war die raumplastik nur in einer medialen vermittlung, als eine video- und foto-dokumentation im rathaus der stadt stadt Frankfurt/O zugänglich. darüber hinaus wurden hier die ergebnisse eines workshops präsentiert. der fotograf Thomas Kläber zeigte seine während des projektes entstandene serie "getrennte räume", in der er jeweils zwei nebeneinander liegende ausschnitte des filmnegativs zu einem bild verband. mit unserer dokumentation wurde ein geschlossener mit einem öffentlichen raum hyperdimensional verknüpft. die zu imaginierende verbindung verkörperte dabei als virtualität das tatsächliche kunstobjekt.
die arbeit in der jva Frankfurt/O ist nicht frei von widersprüchen, skepsis und abneigungen geblieben und war insofern für uns schwer kalkulierbar. unser projekt muss deswegen für einige anstalts-bedienstete eine zumutung gewesen sein. in manchen momenten bot sie aber auch die willkommene gelegenheit, um über die eigene arbeit einmal ausführlich berichten zu können. die beteiligten gefangenen verstanden es indes gut, die von uns hineingetragenen intentionen mit eigener kreativität zu füllen und sich dabei eine öffentliche aufmerksamkeit zu verschaffen.
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