inter cultus | raum-installation | vetschau [1996]
raum-installation | vetschau
raum-installation in der wendisch-deutschen doppelkirche vetschau [1996]

in der brandenburgischen stadt Vetschau verweist man gern auf ein architektonisches denkmal, das die koexistenz zweier kulturen mit einer ungewönlichen pragmatik verkörpert. äusserlich durch einen turm vereint und im inneren über eine sakristei verbunden, legt hier die wendisch-deutsche-Doppelkirche zeugnis von einem ambivalenten zusammenleben der deutschen und sorben in der niederlausitz ab. das miteinander war stets ein friedliches nebeneinander gewesen, trotz preussischen chauvinismus, rassenpolitik in der NS-zeit und umsiedlungen durch tagebaue in der DDR.

jene ambigue beziehung von kulturellen differenzen versuchte in der vetschauer kirche unsere raum-installation, für einen monat zu veranschaulichen. wir brachten dafür die idee eines hyperwürfels ins spiel und versinnbildlichten in diesem rahmen gedankliche konzepte mit der komplexität von ineinander verschränkten räumen. ausgegangen waren wir von dem modell einer vierdimensionalen struktur, die ein hyperwürfel gut konkretisiert. der körper wurde als ein verbund von roten, schwarzen und weissen flächen für dieses projekt entworfen und seine hyperdimensionale rotation als schnittdarstellung fixiert.

die installation veränderte mit fast 1.000 quadratmetern stoffbahnen die innenräume der beiden gotteshäuser gravierend. 24 von der decke herabhängende soffitten, welche die flächen des würfels waren, unterbanden in beiden kirchenschiffen jede in die tiefe gehende sichtachse. mit der hyperdimenionalen einbettung entstanden zahlreiche zwischenräume, die zu einer separierung und intimeren akustik führten. das interieur konnte nur noch in der relation von details und mit dem raster der farbigen cubenflächen wahrgenommen werden.

das prinzip der relativierung bestimmte gleichfalls eine in der kirche gezeigte präsentation von bild-, text- und videomaterial zum thema heimat. im vorfeld hatten wir dafür zahlreiche quellen recherchiert und dabei festgestellt, dass sich sogar gegensätzliche thesen als ein komplexes netzwerk von ideen und ansprüchen verknüpfen liessen. in unserer darstellung waren zitate von heimat-ideologen und informationen zu den ethnischen besonderheiten der region am computer in einem stetig sich neuformierenden endlos-text nachzulesen.

© Frank Richter | Uta Freese