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wer sich mit den unterlagen der DDR-Staatssicherheit befasst, wird mit einer befremdlich ungetümen sprache und einem aufgeblähten verwaltungsapparat konfrontiert. das dokumentierte offenbart nicht nur die tragik mancher repressionen, es verdeutlicht auch, wie peinlich kleinkariert observationen und vernehmungen protokolliert wurden. die offiziellen wie inoffiziellen mitarbeiter waren bestimmt davon ausgegangen, dass ihre aufgeblähte buchführung für alle zeiten eine interne angelegenheit bleibt.
bei einer fast schrankenlosen überwachung wurden von fleissigen überwachern immerhin zig millionen karteikarten hinterlegt und akten angehäuft, die aneinandergereiht eine länge von über 100 kilometer ergeben würden. das seit 1990 zugängliche archiv der DDR-staatssicherheit gehört daher zu den grössten, aber auch umstrittensten mahnmalen der zeitgeschichte. denn noch immer zeigen öffentliche diskussionen, dass interpretationen über das faktisch vorliegende material und vorstellungen von deren realitätsgehalt weit auseinandergehen.
in dem nicht realisierten projekt "ad/ex acta" wollten wir diesen widerspruch provokativ ausloten. es war geplant, in einem archivraum der Berliner Bundesbehörde für die Stasi-Unterlagen (BStU) einen symbolischen hyperraum zu installieren. er sollte platz für zusätzliche ordner schaffen und betroffenen die gelegenheit geben, nicht erfasste dokumente oder persönliche anmerkungen zur eigenen akte in das archiv einzubringen. eine solche ergänzung macht sinn, insofern der vorhandende akten-bestand die wirklichkeit nicht einfach abbildet, sondern eigenen modalitäten folgt und einer starken ideologischen tendenz verpflichtet ist.
die angelegten dokumente beleuchten zwar sehr detailliert das wechselverhältnis von staatlicher repression und widerstand, von einer vergeblichen kontrollwut und einem vorauseilendem gehorsam, bleiben aber eine einseitige angelegenheit. die Stasi war allgegenwärtig und nannte sich offiziell Staatsicherheitsdienst der DDR. zu fürchten war sie, weil jeder fürchterliches gehört hatte, und man sich ihren auskundschaftenden IMs und anderen zuträgern, kaum entziehen und fast nichts entgegensetzen konnte.
unsere installation sollte jenes defizit ausgleichen, allerdings zu keiner beeinträchtigung von recherchearbeiten führen, da eingebrachte ergänzungen nur als temporären karteikästen vorgesehen waren. während einer führung wurden mit den nachlassverwaltern bereits plätze dafür ausgelotet und ein zeitplan besprochen. leider gelang es nicht, eine realisierung unseres projektes zu diskutieren. der bundesbehörde (BStU) ist unser vorhaben seit 1997 bekannt und immerhin so viel wert, dass wir bei allen bisherigen anfragen noch keinen ablehnenden bescheid erhalten haben.
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